Hilfe aus der Luft – Kitzrettung mit der Drohne
Liebe Wildtierfreunde!
In der laufenden Setzzeit hat sich unser Revierleiter, Hans-Kristian Sierk, erneut mit vielen begeisterten Helfern auf den Weg gemacht, um Kitze, Kälber, Hasen und Gelege aufzuspüren und dadurch vor dem Mähtod zu bewahren. An 31 Einsatztagen jeweils um 3:00 h raus und bis 7:30 h fliegen und fangen. Ein Knochenjob!
Allen Projektbeteiligten von Herzen Dank!
Insgesamt wurden 39 Reviere besucht und beflogen. Auch Quads kamen zum Einsatz. Bis heute wurden 154 Kitze gefunden. 126 der Kitze konnten temporär aus den Flächen entnommen werden. 28 Kitze waren so groß, dass Sie die Fläche selbstständig verlassen haben.
Aktuell werden immer noch wenige Tage alte Rehkitze gefunden. Wir raten an, bis mindestens zum ersten Juli alle Flächen abzusuchen. Der Großteil kann bereits selbstständig flüchten, spät gesetzte Rehkitze und frisch gesetzte Damkälber haben noch keinerlei Fluchtinstinkt bzw. sind nicht in der Lage vor der Geschwindigkeit der Landmaschine zu flüchten.
Herr Sierk ist insgesamt 4.000 km gefahren hat sehr viel Dankbarkeit, Hilfe und Verständnis erfahren. Für einige Agrarnutzer und Jagdpächter ist der Umgang mit der Drohne jedoch noch ungewohnt. So wurden wir immer wieder nach der Rechtslage beim Drohnenflug gefragt.
Wir haben Euch deshalb eine Zusammenfassung der rechtlichen Parameter in einigen „goldenen Regeln“ aufgeschrieben und auch den Entwurf für einen Drohnenflugvertrag aufgesetzt.
Für Landwirte und Jäger – 7 Hinweise gegen den Mähtod
- Landwirte sind verpflichtet, Wiesen vor der Mahd nach Rehkitzen abzusuchen oder dies durch Dritte zu beauftragen.
- Der Landwirt kann sich von dieser Pflicht nicht durch Beauftragung eines Lohnunternehmers freimachen.
- Die örtlichen Jagdausübungsberechtigten haben auf Grundlage der Hegepflicht die Aufgabe, den Landwirt bei der Kitzsuche zu unterstützen.
- Die Suche mit Jagdhunden ist im Mai/Anfang Juni unzureichend, da frisch gesetzte Kitze keine Witterung haben. Das einsetzten einer mit Wärmebildkamera ausgestatteten Drohne ist hier das Mittel der Wahl.
- Ob die Suche nach Rehkitzen aus Tierschutzgründen Jagdausübung ist, wurde bislang noch nicht höchstrichterlich entschieden. Dafür spricht der Umstand, dass Rehkitze „gefangen“ werden. Dagegen spricht, dass die einschlägigen Schutznormen das „Aneignungsrecht“ des Jägers schützen sollen. Gerade am Aneignungswillen fehlt es jedoch bei der Kitzrettung. Die Helfer unterstützen das Aneignungsrecht vielmehr, denn sie schützen den Jäger vor einem Schaden am Jagdwert. Der jeweilige Jagdausübungsberechtigte kann es dem einzelnen Landwirt deshalb nicht untersagen, Flächen selbst nach Kitzen abzusuchen. Es empfiehlt sich jedoch, den Jagdausübungsberechtigten vor etwaigen Maßnahmen zu informieren.
- Ein Verstoß gegen die Pflicht zur Kitzsuche kann bei totgemähten Kitzen einen Straftatbestand darstellen (§ 17 TierschG). In mehreren Präzedenzfällen wurden die jeweiligen Landwirte zu Geldstrafen von mehr als 60 Tagessätzen verurteilt (AG Bad Iburg, Az. 7 NS 18/22; LG Offenburg, Urteil vom 2. Juli 2014, Az. 6 NS 301 JS 9380/13).
- Ein Verstoß gegen die Suchpflicht kann bei einem jagenden Landwirt den Widerruf des Jagdscheins rechtfertigen.
Die sogenannte Energiewende ist seit etlichen Jahren überall in unserer Landschaft sicht- und greifbar: Vor allem im windreichen Norddeutschland sind inzwischen ganze Landschaften mit der Wind-Energiewende „zugestellt worden“ oder werden bald zugestellt werden, und auch Photovoltaik– und Solar werden immer mehr zum prägenden Landschaftselement.
Für das energiehungrige Industriezeitalter wurden schon immer die erdenklich größten Opfer gebracht: Ganze Regionen wurden entwaldet (Holz), weggebaggert (Kohle), vergiftet (Erdöl) oder verstrahlt (Atomenergie) – für Energie tun und taten wir nahezu alles!
Und so erleben wir seit etlichen Jahren einen neuen Schritt im Energiemarathon der Neuzeit, der allerdings, wie sich das heute gehört, natürlich mit einem exzellenten „Greenwashing“ versehen wird. „Grüne“ oder „erneuerbare“ oder „klimaneutrale“ Energie sind die neuen schicken Modewörter, die den neuen Energiestil ans neue Umweltbewusstsein anpassen will – und deren Einfluss auf die Natur blumig schön preisen.
Haben wir uns an Windenergieanlagen schon fast gewöhnt, ist es jetzt die flächenfressende Sonnenenergie, die unsere Landschaften nun erobert.
Dem Landverpächter winken im Offenland 2000–4000 Euro/ha/Jahr an Pachteinnahmen. Das sind Reinerlöse, die mit einer landwirtschaftlichen Nutzung in den wenigsten Fällen zu erzielen sind. Photovoltaikanlagen und Solarparks sind zwar keine „vertikalen Landschaftsverbraucher“ und kein „Blick- und Vogelfänger“ wie Windkraftanlagen – dafür verbrauchen sie massiv Landschaft in der horizontalen. Hunderte von Anlagen sind inzwischen realisiert oder geplant, darunter sind z.T. auch schon etliche Großflächen von über 100ha – Wind- und auch Sonnenenergie prägen damit inzwischen wie auch die Windenergie ganze Landschaften.
Unter den Sonnenenergie-Anlagen kann sich zwar immer noch einiges an Kleingetier und an Grün halten, aber für größere Tiere wie Wildschweine, Rothirsche oder auch Kraniche und Gänse gehen durch diese Großanlagen ganz Landschaften verloren – und überall in unserem Lande liegen bei den Kommunen und in den Rathäusern inzwischen hundert von weiteren Anträgen vor.
Dabei verstehe ich nicht: Solange noch ein einziges geeignetes Dach (Privathäuser/Bürogebäude/Schulen/Industriekomplexe/Landwirtschaftsgebäude) nicht mit Photovoltaik/Solarpaneelen bedeckt ist – was haben diese „glänzenden Erfindungen“ vorher in der freien Landschaft verloren? Und wieso werden nicht alle größeren Parkplätze dieser Republik zuerst mit diesen energieerzeugenden und gleichzeitig schattenspendenden Anlagen versehen? Neben der Stromerzeugung könnten wir dann nach dem Einkauf in schattige Autos steigen und womöglich auch gleichzeitig das E‑Auto aufgeladen haben – das wäre doch mal was!
All diese Flächen (Dächer, Parkplätze etc.) sind schon versiegelt und schon nahezu vollständig für die Natur verloren – auf diesen Flächen wäre eine Energie-Wende-Anlage im wahrsten Sinne des Wortes ein wirklicher Mehrwert!
Aber Böden, die Nahrungsmittel erzeugen, Wald tragen, Biodiversität generieren, mit ihrer wie auch immer gearteten Vegetation Sonnenenergie in Leben umwandeln – mit ökologischen und grünen Argumenten in „Silicium Wüsten“ verwandeln?
Bei der ganzen grünen Energiewende aus Windenergie, Biogas und Sonnenkollektoren treiben wir bislang wohl teilweise leider den Teufel mit dem Beelzebub aus. Und dieser ganze partielle Irrsinn wird durch die aktuellen Probleme um die anderen Energieträger nur noch zusätzlich befeuert.
Auch hier zeigt sich, wie an allen Ecken und Enden des sogenannten kultivierten Umgangs des Menschen mit Natur: „Die meisten Probleme entstehen dadurch, dass man nicht zu Ende denkt“.
Burkhard Stöcker
Wir alle träumen gelegentlich von ihr und wünschen sie uns auch immer mal wieder herbei: im Fernsehen, im Urlaub, in der heimischen Landschaft (manche auch, aber viele ungern: Im Garten) – die Wildnis!
Sie gehört in der zivilisierten Welt ohne Zweifel zu den stark bedrohten Minderheiten und steht neben zahlreichen wildlebenden Pflanzen und Tierarten ganz oben auf der „Roten Liste der bedrohten Erscheinungen“!
Das von der Bundesregierung schon vor einiger Zeit ausgegebene Ziel von zwei Prozent zukünftiger Wildnis in unserem Lande nimmt sich rein rechnerisch eher bescheiden aus. Aber selbst diese zwei Prozent führen an allen Ecken und Enden zu einem wilden Tauziehen zwischen sämtlichen Beteiligten: Weil nun einmal schon nahezu jeder Quadratmeter einer klar definierten Nutzung unterliegt! Dem Naturschutz sind die zwei Prozent jedoch längst nicht genug – den Landnutzern hingegen schon viel zu viel.
Was ist Wildnis
„...ein durch Menschen nicht beeinflusster oder regulierter Zustand…“. Das können schon der Brennnesselhorst im Garten oder die unliebsamen Ameisen in der Küche sein. Zwei Wildniszustände, die den meisten Mitbürgern wohl eher unliebsam sind. Die „Fernab-und-Zeitweise-Wildnisse“ in TV und Urlaub werden jedoch gerne genommen, da sie in einer dosierten Form ja in der Regel immer mit den angenehmen Begleiterscheinungen der Zivilisation serviert werden. Hunger, Kälte, Raubtiere, Giftschlangen und Co. kommen darin stets maßvoll und auf Distanz vor.
Wirklich primäre Wildnis, also vom Menschen nie oder nicht beeinflusste Räume, haben wir in Mitteleuropa schon längst nicht mehr. Wenn wir einen sehr engen Maßstab anlegen (wie den globalen Schadstofftransport bspw. Mikroplastik) verfügen wir sogar weltweit nirgends mehr über Wildnis: Selbst im tiefsten Amazonien oder im entferntesten Eis der Antarktis finden wir leiseste Spuren unseres Wirkens.
Dies wird allseits als Verlust beklagt, denn Wildnis hat offenbar einen hohen Wert.
Welchen Wert hat Wildnis?
Wildnisse sind ohne Zweifel Horte der Artenvielfalt, Rückzugsgebiete für scheue und schöne Tiere, meist riesige CO² Senken und sie puffern die Gebärden der Zivilisation wie bspw. den Klimawandel.
Wildnis ist aber weitaus mehr.
Wildnisse sind Überraschungsräume
Dort wo wir als Menschen nicht eingreifen, nicht planen und nicht regulieren, wo wir uns also konsequent raushalten, passieren in der Natur immer wieder absolut überraschende Dinge.
Eines der schönsten Beispiele aus den letzten Jahren ist die Wildnisentwicklung im Nationalpark Bayerischer Wald. Unter den großflächig absterbenden, naturfernen Fichtenbeständen explodierte das neue Waldleben in Form von Rotbuchen, Bergahorn, Weißtanne, Vogelbeeren usw. Die Waldnatur zeigte uns wie man wirkliche Wälder baut – die Natur hatte den größeren forstlichen Sachverstand!
Wildnisse sind Denkräume
In der Wildnis, in der die geometrischen Formen unserer durchgeplanten Welt kaum mehr zum Ausdruck kommen, in der die Quaderformen der Häuser, die geraden Linien der Ackerfurchen oder die Geometrie unserer Plantagenwälder nicht mehr präsent sind – lassen die Gedanken anders wandern. Die für uns oft scheinbare Unordnung der Wildnis (die natürlich nur ihrer eigenen Ordnung folgt) führt auch uns in eine andere mentale und gedankliche Ordnung. Wildnis inspiriert.
Wildnisse sind Innere-Einkehr-Räume
Die Hände in den Schoß zu legen, nicht selbst Hand anzulegen, ist in einer Welt des Machens und Schaffens eine wahrlich ernsthafte Übung.
Und so wie für viele von uns das Nichtstun geübt und praktiziert werden muss, so darf auch die Gesellschaft lernen, dass es Räume geben muss, die nicht begutachtet, nicht beplant, nicht beherrscht werden müssen.
Einen nicht gestalteten Natur-Raum zu bewahren, ihn vor jedem zivilisatorischen Zugriff zu schützen setzt auch Bescheidenheit und Demut voraus. Eine Bescheidenheit und Demut, die angesichts aller technischen Allmachtsfantasien wohl auch in und mit der Wildnis geübt werden darf.
Wildnisse sind Ursprung aller Kultur
Wir müssen uns aber auch immer wieder darüber klar werden, dass alle Gebärden unserer Kultur – letztlich auch der Wildnis entstammen. Der amerikanische Wildbiologie und Umwelt-Ethiker Aldo Leopold sagte einst treffend: „Die Wildnis ist das Rohmaterial, aus dem der Mensch das Kunstprodukt gemeißelt hat, dass als Zivilisation bekannt ist“.
Und wenn wir uns dieses Ursprunges als „Urquell all unserer Kultur“ immer wieder bedienen wollen, als Inspiration für Musik, Malerei, Literatur, Wissenschaft, müssen wir Wildnis bewahren.
Und je unverfälschter wir dies tun, desto reicher wird auch letztlich die Kultur sein, die wir daraus ernten.
Burkhard Stöcker
Liebe Eltern, liebe Kinder,
seit einigen Jahren begleitet unsere Waldpädagogin Annette „Netti“ von Karp Kinder, Lehrer und Erzieherinnen durch Feld, Wald und Wiese. Sie erklärt, und kocht mit Schätzen, die in der Natur zu finden sind. Unsere Idee ist es, dass Natur sinnlich erlebt werden muss. Dafür müssen wir:
- riechen wie der Wald duftet,
- hören wie der Specht klopft oder der Wind in den Baumkronen rauscht,
- fühlen wie weich das Moos ist,
- schmecken, wie köstlich ein Essen aus dem Wald sein kann.
Für dieses Selbermachen gibt es keinen Ersatz. Mit diesem Buch wollen wir Euch nun dazu anregen, selbst hinauszugehen, zu lernen und zu fühlen wie aufregend es in der Natur sein kann. Unsere Netti liefert Euch dazu Spiel- und Bastelideen und Stephan Hahn hat den Lauf eines Jahres in schönen Bildern eingefangen. Wir wollen Euch damit einladen, selbst mit Blättern und Holz zu hantieren und mit Kräutern und Pilzen zu kochen. Sicher kennt Ihr auch Jäger und Angler, bei denen Ihr Wildfleisch oder Fische bekommen könnt. Falls nicht, dann findet Ihr am Ende dieses Buches Adressen, die Euch weiterhelfen.
Und nun viel Spaß beim Spielen und Lernen in der Natur. Erlebt die Sonne im Waldblätterdach, die Wärme des Sommers und den Duft des Herbstes, gläserne Kälte im Winter und den Kranichruf im Frühjahr. Steigt ein in das Karussell der Jahreszeiten.
Herzliche Grüße
Euer Florian Asche
Stiftung Wald und Wild
in Mecklenburg-Vorpommern
Mehr Informationen über Nettis Naturkinder finden Sie auf www.naturkinder-hamburg.de
Spielen, Basteln, Kochen –
Im Karussell der Jahreszeiten
erschienen im Neumann-Neudamm Verlag
ISBN: 978–3‑7888–2041‑1
29,95 €
Wildkatze
Seit vielen Jahren schon erweitert die Wildkatze, ausgehend von einigen Mittelgebirgsregionen (Eifel, Westerwald, Thüringer Wald, Harz) ihr Verbreitungsgebiet. Leise und unmerklich erobert sie neue Regionen. Aus den letzten Jahren gibt es auch im direkten Umfeld von Mecklenburg-Vorpommern Nachweise: Aus dem Wendland im nordöstlichen Niedersachsen oder aus der Schorfheide im nördlichen Brandenburg. Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass die Wildkatze auch Mecklenburg- Vorpommern bald erreichen wird – oder schon erreicht hat.
Der primäre Lebensraum der Wildkatze sind Laubmischwälder mit einem großen Strukturreichtum. Dazu gehören bspw. ein hoher Totholzanteil, natürliche Baumhöhlen, kleinen Waldblößen, gestufte Waldränder etc. Wildkatzen streichen aber zur Nahrungssuche auch gerne in strukturreiche Halboffenlandschaften die sich durch eine Gemengelage aus Hecken, Feldgehölzen, Brachen und landwirtschaftlichen Nutzflächen auszeichnen.
In der „guten alten Jäger-Zeit“ wurden der Wildkatze alle möglichen Beutetiere angelastet – bis hin zum „mörderischen Niederreißen“ von Rotwild. Inzwischen wissen wir, dass ihre Beute im Wald zum größten Teil aus den klassischen Waldmäusearten und im Offenland aus Wühl- und Feldmäusen besteht. Zuweilen werden aber auch Großinsekten, Reptilien, Vögel oder auch einmal ein Junghase erbeutet. Schalenwild gehört in keinster Weise zur Beute der Wildkatze!
Als territorial lebende Einzelgänger haben Wildkatzen (in Relation zur ihrer Größe!) geradezu riesige Streifgebiete: 1500–3000ha für den Kuder und 200–800ha für die Kätzin – das sind Streifgebietsgrößen, die auch auf unser Rotwild häufig zutreffen.
Luchs
Luchsnachweise aus Brandenburg und ein Luchsauswilderungsprojekt im polnischen Westpommern lassen auch Luchsnachweise für Mecklenburg immer wahrscheinlicher werden. Und inzwischen gibt es auch schon vereinzelte Nachweise: 2015 aus der Ueckermünder Heide und 2021 aus dem Raum Rostock.
Die Ausbreitungstendenzen von Luchspopulationen sind jedoch erfahrungsgemäß deutlich geringer als die von Wölfen und die bisherigen Besiedlungsgeschwindigkeiten lassen kaum Prognosen für die kommenden Jahre zu. Es wird (wenn überhaupt…?) wahrscheinlich eine eher schleppende und langsame Besiedlung werden.
Luchse sind im Mitteleuropa recht eng an den Lebensraum Wald gebunden. Sie haben aber keine sonderlich spezifischen Ansprüche an eine bestimmte Waldstruktur. Luchse sind allerdings Deckungs- und Schleichjäger, die sehr nahe an ihre Beutetiere heranmüssen, um erfolgreich zu jagen. Strukturreiche Waldbestände in denen Verjüngungen, übereinander gefallene Baumstämme, Wurzelteller etc. vorhanden sind verbessern die Jagdmöglichkeiten daher enorm.
Strukturreichtum kann aber auch bei der „Luchs-Unterkunft“ eine bedeutende Rolle spielen: Eine Luchsin im Urwald von Bialowieza brachte ihre Jungen in einer gefallenen, hohlen, alten Linde zur Welt. Auch beim Luchs zeigt sich (wie schon bei der Wildkatze!) die enorme Bedeutung von strukturreichen Altwäldern für die Besiedlung durch unsere Wildkatzenarten.
Der Luchs ist zwar ein primärer Rehjäger aber stärkere Beute kann durchaus überwältigt werden. Im Alpenraum werden regelmäßig Gämsen erbeutet und auch Mufflons und Damhirsche stehen potentiell auf der Speisekarte. In zahlreichen osteuropäischen Verbreitungsgebieten wird aber auch gelegentlich Rotwild erbeutet – wenn auch deutlich seltener als die kleineren Hirscharten. In Skandinavien reicht das Beutetierspektrum aber sogar bis hin zu Rentieren und Elchkälbern.
Die Streifgebietsgrößen europäischer Luchse liegen im mitteleuropäischen Flachland für die Weibchen bei über 10000 und bei den Männchen bei über 20000ha. Rechnen wir für jeden Luchs mit durchschnittlich 50 Rehen pro Jahr können wir den potenziellen Einfluss dieses Großräubers auf unseren heimischen Schalenwildbestände mit gutem Gewissen vernachlässigen.
Beides unauffällige „Großräuber“
Wildkatze und Luchs sind in der Landschaft wesentlich unauffälliger als der in Rudeln lebende Wolf. Die Wildkatze als fast ausschließlicher Kleinsäugerräuber und der Luchs als primärer Rehjäger werden bspw. mit der „Landeskultur-Weidetier“ kaum in Konflikt treten. Die Wildkatze bemerkt man praktisch gar nicht und der Luchs macht sich fast nur durch Rehrisse und die deutlich erhöhte Scheu von Rehen bemerkbar. Beide Arten sind selbst dort, wo sie regelmäßig und häufig vorkommen, faktisch unsichtbar.
Nutztierrisse, die durch Wölfe an verschiedensten Haustieren im Verbreitungsgebiet regelmäßig vorkommen können – sind weder bei der Wildkatze noch beim Luchs zu erwarten.
Beide Arten sind (anders als der Wolf!) ausgesprochen waldgebundene Tiere und werden sich in unserem eher waldarmen Bundesland vermutlich nur in größeren geschlossenen Waldgebieten ansiedeln (Ueckermünder Heide, Seenplatte, Nossentiner Heide o.ä.).
Burkhard Stöcker
Gerade sind wieder einige Stürme übers Land gegangen. Zum wiederholten Male haben sie hunderttausende Bäume gebrochen oder entwurzelt. Und zum wiederholten Male diskutiert man nun wieder wie mit jenen Wäldern umgegangen werden soll bzw. wie man diese Wälder „wieder herstellt“.
Bei diesem Prozess gibt es viele „befiederte und befellte Kollegen“, die uns dabei behilflich sein können…
Vögel säen Wälder
Etliche heimische Vogelarten können auf verschiedenste Arten „Wälder verbreiten“!
Der Eichelhäher ist bei uns wohl der bekannteste und bedeutendste „Wald-Gärtner“: Bis zu 5000 Eicheln oder Bucheckern versteckt jeder Häher jeden Herbst und legt sich damit einen Futtervorrat für den Winter an.
Diese Wintervorrate der Häher werden bewusst an besonderen Orten deponiert: Waldränder, Wurzelstubben, Wurzelteller, umgestürzte Bäume, Waldlichtungen. Dank dieser markanten Plätze hilft der Häher auch seinem phänomenalen „Wiederfinde-Gedächtnis“ auf die Sprünge – je mehr er wiederfindet desto eher übersteht er den Winter!
Diese markanten Sonderplätze sind jedoch häufig identisch mit optimalen Keimplätzen der deponierten Waldfrüchte. Je mehr der deponierten Früchte der Häher also nicht wiederfindet desto mehr neue Waldbäume können potenziell keimen. Der Eichelhäher hortet also für sich und spendet für den Wald.
Die Pflanzleistung von Eichelhähern können gewaltig sein: Bis über die Hälfte der deponierten Früchte findet der Häher nicht wieder – es können also bis zu 2500 Bäume von einem einzelnen Vogel pro Jahr „gepflanzt“ werden.
Wenn wir uns vor Augen führen, dass wir in Deutschland eine durchschnittliche Dichte von etwa 10 Paaren Eichelhäher pro 100ha haben, ist dies eine Gesamtpflanzleistung von ca. 50000 Bäumen/100ha/Jahr. In zehn Jahren sind das 500000 Bäume – ein gewaltiger Beitrag zu einem natürlichen Wiederbewaldungsprozess!
Es wird vermutet, dass die rasche Nordwanderung der Eiche nach der letzten Eiszeit zu einem guten Teil auf den Flug- und Pflanzfähigkeiten der Eichelhäher beruhen.
Früchtetragende Sträucher – „Hier bin ich“ fürs Vogelauge
Die leuchtend roten Beeren zahlreicher heimischer Sträucher (Vogelbeere, Gemeiner Schneeball, Roter Holunder, Pfaffenhütchen, Weißdorn, Rote Heckenkirsche etc.) sind fürs Vogelauge extrem gut wahrnehmbar. Sie wirken als „Leuchtfeuer“ und signalisieren den Vögeln „Friss mich, ich bin lecker“. Werden die roten Früchte dann gefressen passiert der innenliegende Samen den Vogeldarm und wird wieder ausgeschieden. Dabei umschließt den keimfähigen Samen noch zusätzlich ein nährstoffreicher Kotmantel, der die Keimbedingungen der Samen noch deutlich verbessert – auch hier eine Win-win Situation für Vogel und Pflanze!
Noch erstaunlicher ist jedoch die Leistung des Tannenhähers in den weiten Nadelwäldern des Ostens oder den Bergregionen der Alpen. Besonders bei der Verbreitung der Zirbelkiefer kann der Häher potenziell enormes leisten. Er ist in der Lage die massiven Samenschuppen der Zirbelkiefer aufzupicken und dann verteilt jeder Häher 50000 – 100000 Samen der Zirbelkiefer jedes Jahr. Allerdings findet er bis zu sagenhafte 80 Prozent der Samen wieder!
Aber selbst wenn auch nur jeder tausendste versteckte Samen keimt wäre dies auch schon ein gewichtiger Beitrag zur Verbreitung der Zirbelkiefer.
Es sind aber nicht nur die beiden Häherarten die in Berg- und Flachland für reiche „Pflanzung“ sorgen.
Zahlreiche weitere gefiederte Forstleute!
Dutzende weitere heimische Vogelarten beteiligen sich eher im Verborgenen an der „wundersamen Gehölzvermehrung“: Mönchsgrasmücken fressen Holunderbeeren, Kleiber verstecken Hainbuchensamen, Ringeltauben naschen an Vogelbeeren…apropos Vogelbeere (oder Eberesche): Fast siebzig heimische Vogelarten fressen die Vitamin‑C reichen Früchte und verteilen dann die Samen während ihrer anschließenden „Flug- und Sch… ‑route“.
Wie viele Gehölzsamen jedes Jahr von Vögeln verbreitet werden lässt sich nur schwer schätzen – es werden zig Millionen sein!
Auch Säuger sind als „Waldbauern“ aktiv
Auch das fleißige Eichhörnchen versteckt bis zu 10000 Früchte pro Jahr und findet ähnlich wieder Eichelhöher einen großen Teil nicht wieder.
Auch unsere heimischen Marderartigen sind fleißige Beerenesser: Baum- und Steinmarder nehmen auch gerne Vogelbeeren und auch der Waschbär steht zahlreichen Pflanzensamen sehr wohlwollend gegenüber. Ob und welchen Beitrag diese Arten jedoch zur Vermehrung von Gehölzen leisten können ist bislang noch kaum erforscht.
Auch unsere Schalenwildarten fressen sehr gerne Früchte heimischer Straucharten: Unter früchtetragenden Vogelbeeren versammeln sich bspw. sehr gerne Brunftrudel und warten begierig auf das Herunterfallen der schmackhaften Früchte. Auch hier passieren die Samen der Vogelbeere dann den Verdauungstrakt und werden über die Hirschlosung wieder keimfähig ausgeschieden.
Burkhard Stöcker
Alternative Lebens- und Ernährungsformen liegen im Trend. Darunter sind der Vegetarismus und der Veganismus inzwischen schon geradezu zu Massenphänomenen geworden.
Die Motivationen zur rein oder überwiegend pflanzlichen Ernährung werden häufig aus den als unwürdig empfundenen Haltungsformen landwirtschaftlicher Nutztiere gespeist. Dabei wird überwiegend die industriell betriebene landwirtschaftliche Massentierhaltung angeprangert.
Die neuzeitliche Massentierhaltung ist in der Tat in fast all ihren Spielarten eine gesellschaftlich tolerierte Barbarei – Vegetarismus und Veganismus demonstrieren u.a. auch gegen diese Praxis und sehen sich auch als gelebte Alternative zum „Unkultur-Phänomen-Massentierhaltung“.
Es gibt jedoch ein paar Gesichtspunkte, die bei Vegetariern und Veganern im mitteleuropäischen Kontext ihres Denkens und Handelns kaum Berücksichtigung finden.
Vegetarismus und Veganismus sind keine „Natur“
Kaum ein Naturvolk auf dieser Erde verzichtet auf die Einbindung tierischer Komponenten in ihre Ernährung und Lebensweise. Wenn wir auch jene Lebensweisen der Naturvölker als mehr oder minder vage Richtschnur für ein „Zurück zur Natur“ betrachten wollen – gehört zu einer natürlichen Lebensweise immer und überall die Einbindung des vorhandenen lokalen, regionalen tierischen Inventars in die Lebensgestaltung mit dazu.
Eine rein vegetarisch-vegane Lebensweise ist daher prinzipiell eher das künstliche (durchaus verständliche!) Produkt einer Antihaltung gegenüber der barbarisch verwerflichen Vernutzung unserer tierischen Mitwelt. Sie ist die ebenso krasse Über-Reaktion auf die krasse Aktion völlig unzivilisierter Tierhaltung. Eine rein vegetarisch-vegane Lebensweise lässt aber weitgehend außer Acht, dass sie mit „zurück zur Natur“, „naturgemäß“, oder „naturnah“ nur wenig zu tun hat.
Graslandökosysteme, Ackerbau und vegetarische Ernährung
Nur ein sehr geringer Teil der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche der Erde ist nachhaltig als Ackerland geeignet – nur dort können für die menschliche Ernährung direkt verwertbare Pflanzen angebaut werden.
Der größte Teil der „landwirtschaftlichen“ Fläche der Erde sind Graslandschafften in ihren verschiedensten Ausprägungen: Prärie, Savanne, Steppe, Tundra, Halbwüste usw.
Diese Graslandschaften taugen schlichtweg nicht für die Umwandlung in Ackerland. Eine Nutzung dieser Ökosysteme als Ackerland würde fast überall zu einer mehr oder minder raschen Degradierung dieser Flächen führen – auf absehbare Zeit würden vielerorts Wüsten entstehen!
Hirtenvölker, Vegetarismus, Imperialismus?
In diesen großen Graslandschaften ist eine menschliche Kultur nur über den Umweg der Landschaftsnutzung durch möglichst ökosystemangepasste Weidetiere möglich: die Samen und die Rentiere Skandinaviens, die Nenzen und die Caribous Sibiriens, die Steppenvölker Innerasiens, die Nomadenvölker Nordafrikas, die Hirtenvölker Zentral- und Südafrikas. In all diesen Graslandschaften können nachhaltig nur Menschen ökosystemangepasst wirtschaften, wenn sie jene Großtiere nutzen, die in der Lage sind in diesen Landschaften pfleglich und nachhaltig zu leben. Eine rein vegetarische und vegane Lebensweise in Form von Ackerbau wäre für die dortigen Landschaften und die dort lebenden Menschen nachhaltig gewiss nur eines: Tödlich!
Stellen wir jene tierische Nutzung über die Grasländereien grundsätzlich in Frage und postulierten wir auch für jene Regionen eine rein pflanzliche Nutzung dieser Landschaften würden wir nicht nur das Überleben dieser Ökosysteme in Frage stellen… – sondern auch das Daseinsrecht all jener Kulturen, die mit und von diesen Tieren und diesen Landschaften leben.
Mit einem konsequenten Vegetarismus und Veganismus, der seine Lebensform als „alleinseligmachend für die Weltenrettung“ preist verurteilen wir auch auf eine anmaßende Weise die nachhaltigen Lebensweisen zahlloser Grasland-Hirtenvölker – weltweit. Vegetarismus und Veganismus wären in diesem Kontext geradezu neokolonialistische Bevormundung.
Wege jenseits der Extreme
Beide Ernährungsformen propagieren daher eine Lebensweise, die weder der Natur des Menschen noch der nachhaltigen Nutzung vieler naturnaher Landschaften entspricht.
Nichtdestotrotz liefern beide gewiss wichtige und gute Impulse für einen neuen und differenzierteren Umgang mit unserer natürlichen Mitwelt – und jedem mag es selbstverständlich letztlich selbst überlassen bleiben wie er sich ernähren und wie er leben möchte.
Beide Lebensformen sind aber keine wirklichen Alternativen zu einer natürlichen Nutzung von Landschaft, Pflanze und Tier. Einer Nutzung die Ökosysteme in ihre Gesamtheit betrachtet und nach neuen, intelligenten Alternativen sucht – jenseits der tierischen Barbarei und jenseits von Vegetarismus und Veganismus.
Burkhard Stöcker
Die Stiftung Wald und Wild erhält für ihre naturpädagogische Arbeit das Fischrecht auf der Schilde
Solche Nachbarn wünscht man sich! Im vergangenen Jahr erwarb die Ammer Land und Forst KG das Gut Bennin in unserer unmittelbaren Nachbarschaft von Rodenwalde. Teil des Kaufs war auch das Fischrecht auf der Schilde vom Mühlenteich bis an die Gemarkungsgrenze bei Camin. Nun hat uns die Gesellschaft unentgeltlich die Nutzung dieses Fischrechts zugesprochen. Am 23. Januar wurde der Projektförderungsvertrag „Waldgewässer erleben“ von den Parteien unterzeichnet. Die Stiftung darf nun mit Kindern, Erziehern und Lehrern über 4 km Flusslauf die Schilde befischen und hat sich als Projektbetrag verpflichtet, für 1.000,00 EUR p.a. gewässertypische Fischarten einzusetzen. „Wir sind sehr dankbar für diese Unterstützung“, freut sich Annelie Asche vom Stiftungsvorstand.
Zusätzlich erhält die Stiftung auch die Nutzung des Ackers am Mühlenteich und hat sich verpflichtet, diese Fläche ökologisch, z.B. mit Blühpflanzen, zu bestellen.
Der Geschäftsführer der Ammer Land und Forst KG, Dieter Ammer, ist nicht nur selbst passionierter Naturfreund, Jäger und Waldbauer. Als erfolgreicher Manager der Becks-Brauerei und des Kaffee-Rösters Tschibo hat er mit seiner Frau selbst vor Jahren eine Stiftung gegründet, die sich vornehmlich sozialen Projekten in Südafrika widmet. „Es freut mich, mit diesem Beitrag dafür zu sorgen, dass die Stiftung Wald und Wild auch weiterhin der Naturentfremdung unserer kommenden Generationen entgegenwirkt. Naturschutz und Naturnutzung sind zwei Seiten einer Medaille.“
Mein stärkstes Geweih (ungerader Zwanzig Ender, abnormer Dreikronenhirsch) hing viele Jahre in der Küche einer Wohngemeinschaft, in der ich etliche Jahre gelebt habe. Dieses Rothirschgeweih wurde jahreszeitentypisch behängt und geschmückt, mal mit Ostereiern, mal diente es auch als „Adventskal-Ender“ – aufgrund der dazu fehlenden vier Enden mussten jedoch einige Geweihsprossen mehrfach beschenkt werden.
Es befanden sich jedoch ständig wahlweise bunte Becher, Trockentücher oder auch gerade mal aktuelle Hinweise, Artikel oder Flyer am Geweih – es diente also als Geschenkbox, Regal, Wäscheständer und Pinwand. Jedem zweiten Leser sträuben sich nun wahrscheinlich vor Unmut die Deckenhaare und etliche Jäger, die damals die Küche betraten, fanden diese Geweihnutzung auch durchaus gewöhnungsbedürftig.
Geweihbotschaft für Vegetarier
Fast alle Nichtjäger (und die waren in unserer damaligen „Teilvegetarier- WG“ definitiv die Mehrheit) reagierten jedoch auf die hier skizzierte Nutzung des Geweihes ausgesprochen überrascht und erfreut. Durch diese praktische Anwendung und die Einbindung des Geweihes in die Alltäglichkeit des Küchengeschäftes entwickelte sich vermutlich doch eine ganz andere Offenheit gegenüber dem Thema Jagd und Trophäe. Das Geweih wurde nicht mehr nur mit sakralem Abstand ehrfurchtsvoll betrachtet, sondern hatte ganz praktischen Nutzwert. So wie die Geweihe bei unseren Altvorderen, den aller praktischsten Wert hatten: unzählige Nutzgegenstände wurden früher aus Geweihen gefertigt und auch heute noch gibt es Kräuterhexen und Kräuterkundige die ausschließlich mit Geweihen und Geweihenden Wurzeln und Pflanzen ausgraben – das Metall „zerschneide das Band mit der Erde“.
Gesprächseinstieg Küchengeweih
Und so war auch das Küchen-Geweih als Symbol für den Hirsch, der dann zuweilen unter dem Geweih auch zubereitet und verspeist wurde, häufig Anstoß zu Gespräch und Diskussion: „So ein Geweih kann ja auch richtig praktisch sein“ – „Sieht mit den Trockentüchern total schick-bunt aus“ – „Nimm doch mal das Tuch da weg, ich seh das Geweih ja gar nicht richtig“ – „Ich hätte gern den Becher von dem einen Ding da, äh wie heißen die eigentlich...?“ – „Da hängt ja ein Antijagdflyer am Hirschgeweih, wie geht das denn zusammen?“ – „Wandert der Rest von dem Ding da hier jetzt gerade frisch durch die Töpfe…?“ – „Bei uns hängen die Trockentücher immer irgendwie stillos irgendwo in der Küche rum – hast Du nicht noch so´n Ding über?“
Mit Geweih zum Jagd-Marketing…
So oder ähnlich klangen viele Jahre die Einstiegssequenzen für die „Trophäen-Jagd-Gespräche aus der Küche“ und es entspann sich daraus schon so manche kleinräumige Marketing-Initiative pro Jagd!
Das Geweih als „Küchenutensil“ ist gewiss eine Kleinigkeit – doch es ist eine Kleinigkeit, die einerseits offenbar ein wenig Anstoß nahm (bei einigen Jägern!) andererseits großen Anstoß gab (beim Rest der Küchengäste!).
Und wenn der Blickfang des Geweihes in diesen besonderen „Kontext der praktischen Küchennutzung gestellt“ Nichtjäger oder auch Antijäger wieder ein wenig für die Jagd öffnet ist damit unserem Handwerk vielleicht mehr gedient als durch das anerkennende Schulterklopfen (oder den Neid?!) der lodengrünen Kollegen im Umfeld trophäenbeladener Wohnstuben?
Die Jagd als Tat – für Topf und Trophäe
Ich bin Erlebnisjäger in erster Linie: Einzutauchen in die Natur, mich vertraut machen mit ihren Gebärden um aus diesem sich Einfinden heraus freudig, effektiv und erfolgreich zu jagen.
Dann bin ich ein Fleisch- und Lederjäger: Kein sinnigeres oder nützlicheres Unterfangen als aus der Freiheit der Landschaft heraus wildlebende Tiere zu entnehmen um mit ihnen, ihrem Fleisch, Leder, Geweih und Co. mein Dasein zu bereichern.
Und ich bin „Trophäenjäger“: Ich finde es klasse starke Hirsche zu jagen, mit wachsten Sinnen das Revier zu durchstreifen und jedes kleinste Anzeichen, jeden leisesten Hinweis zu hinterfragen – lernen „zu denken wie ein alter Hirsch“.
Und wenn er dann erlegt ist kann dieser Hirsch mit Geweih, Fleisch und Leder so ein vielseitiger und vielschichtiger Botschafter sein.
Er kann Trophäe an der Wand sein, Erinnerungsstück für erfüllendes Jagen – aber er kann auch viel mehr sein als nur das.
Burkhard Stöcker
Auch wir Jägersleute teilen, so wie alle anderen Menschen auch unsere jagerische Welt in nützliche und schädliche Tiere.
Dabei findet jedoch der Terminus des „Schad-Wildes“ bei einzelnen Jägergruppen eine völlig unterschiedliche Verwendung, je nachdem welchem „Lager“ und/oder welcher „Gesinnung“ man so angehört.
Schalenwild-Typ versus Raubwild-Typ
Beide Gruppen stehen in unseren Revieren stellvertretend für die zwei wesentlichen „Wild-Management-Ansätze“: Die „Schalenwild-Bekämpfungs- und Raubwild-Hätschel-Reviere“ auf der einen und die „Schalenwild-Hätschel und Raubwild-Bekämpfungs-Reviere“ auf der anderen Seite. Häufig stehen beide Lager sich auch eher unversöhnlich gegenüber.
Der Schalenwild-Bekämpfer moderner Prägung pflegt Schalenwild heute eher als Schad-Wild zu behandeln und nur im totem Zustand ist das Ziel unverbissener und ungeschälter („ökologisch intakter“!) Wälder zu erreichen. Der Schalenwild-Bekämpfer vergisst über der „entfesselten Tilgerei des Schalenwildes“ zuweilen, dass die Vitalität des Waldes auch von ganz anderen Faktoren abhängt als der militanten Bekämpfung des Schalenwildes. Eine intensive Jagd des Raubwildes wird mit dem Hinweis auf deren „ökologische Rolle“ meist strikt abgelehnt
Der Raubwild-Bekämpfer pflegt sämtliches Raubwild eher als Schad-Wild zu behandeln und nur in totem Zustand ist das Ziel unbehelligter und vitaler („ökologisch intakter“) Niederwildbestände zu erreichen. Der Raubwild-Schad-Bekämpfer vergisst über der „entfesselten Tilgerei des Raubwildes“ zuweilen, dass die Vitalität der Niederwildbestände auch zumeist von ganz anderen Faktoren abhängen als der militanten Bekämpfung des Raubwildes. Eine intensive Jagd des Schalenwildes wird mit dem Hinweis auf deren „kulturelle Rolle“ meist strikt abgelehnt.
Der Blick auf die jeweilige Materie hat in den seltensten Fällen mit ökologisch fundiertem Knowhow oder einer wirklich differenzierten Betrachtung zu tun. Zuweilen beschleicht einen das Gefühl, dass es in den meisten Fällen schlicht die „spezifische Revierprägung verbunden mit dem traditionell-prägenden Umfeld“ sind, die hier den Ausschlag in die eine oder andere Richtung geben. Derjenige, der ins „Schalenwild-Bekämpfer-Milieu“ hineingeboren wurde, pflegt unbescholten und unverblümt jene Weltanschauung. Genau wie der Kollege aus dem „Raubwild-Bekämpfer-Milieu“ dies ebenso tut – der Apfel fällt halt nicht weit vom Stamm und häufig kann man nun einmal seine jagdlich-prägende Herkunft kaum leugnen.
Die Problematik des jeweiligen Schad-Getiers scheint mir jedoch zuweilen deutlich geringer als das Potential wechselseitigen Betrachtens und Lernens zwischen diesen beiden Gesinnungsgruppen.
Und ein möglicher erster Schritt zur Überschreitung jener „Milieu-Grenze“ ist die Neugier auf die Sicht des anderen und dann das Schlüpfen in die Rolle des Gegenübers. Hier käme uns das alte historische Gerichtsritual zur Hilfe: Die sich streitenden Parteien reichen sich die Hand und sind dazu verpflichtet in der anschließenden Verhandlung die Position der Gegenseite zu vertreten – der mehr oder minder sanfte Zwang zum radikalen Perspektivenwechsel!
Der Schalenwild-Bekämpfer sollte, genauso wie der Raubwild-Bekämpfer sich zuweilen mal an den eigenen „Äser“ respektive „Fang“ fassen und über den eigenen Tellerrand hinausschauen. Beide würden sie dann vielleicht feststellen, dass das jeweilige „generelle Totschießen möglichst vieler Schad-Tiere“ eher die platte Holzhammermethode ist und in den seltensten Fällen einer differenzierten Betrachtung standhält.
Natürlich kann es bei notwendigem Waldumbau geboten sein Schalenwild einmal intensiv zu jagen, oder an Vogelkolonien oder in Feuchwiesenbrüterlebensräumen dem Raubwild intensiv nachzustellen – je nach Situation, Umständen und spezifischen lokalen Zielen.
Aber im „Otto Normal Wald“ ist weder die rigorose Schalenwildbekämpfung geboten noch in der „Otto Normal Feldflur“ die drastische Raubwildbekämpfung.
Wenn beide Schad-Tiergruppen von ihren jeweiligen Jäger-Gruppen geradezu militant bekämpft werden – sagt dies häufig mehr über die Bekämpfer aus als über die faktische Notwendigkeit jener Bekämpfung.
Feindbilder zu haben und zu pflegen ist wohl menschlich – sie gegenüber freilebenden Tieren abzubauen gelegentlich aber wohl auch hilfreich.
Burkhard Stöcker
Jüngst fiel mir eine Broschüre des Landesbetrieb Forst Bayern in die Hände: „Waldjäger“ war der klangvolle Name. Dort wird in stimmungsvollen Bildern der aufopferungsvollen Tätigkeit der den Wald vor verbeißenden wilden Tieren rettenden Waid-Helden gedacht. Der Waldjäger ist dort der ehrenvolle Jäger, der Waldretter, der Försterjäger – der „echte Jäger“.
„Lichtungsjäger“ – Freizeitheinis?
Die dahinter verborgene Antithese disqualifiziert den Offenlandjäger schon mal per se als zweckfreien Hobbyisten. Der Jäger an und auf der Lichtung ist der lustvoll genießende Freizeitheini, der den waldweltrettenden Ernst des Jagens (noch!) nicht begriffen hat oder ihn gar (von lichtliebendem Hedonismus zutiefst beseelt…) ablehnt.
Das klingt sinnvoll und gut: Im Wald jagen und das Offenland den wilden Tieren „schenken“ (zumindest dem verbeißenden Schalenwild, mit den Sauen sieht das gewiss differenzierter aus) – und so gleichzeitig den Wald als Baumlebensraum retten und das oft naturschutzwertvolle Offenland durch das dann dort unbehelligt verbeißende Wild vor dem Zuwachsen durch eben diese Bäume. Wir sagen dem Wild dann auch über unsere Jagd: Wald pfui, Offenland hui. Schöne Idee und kommt der Evolution unserer zu bejagenden Großsäuger auch prinzipiell durchaus entgegen: Im Offenland wächst all das leckere Futter stets bodennah und nicht primär in den Baumkronen, wie im Wald. Und das bisschen was dann an Verjüngung am Waldboden keimt soll gefälligst in Ruhe gelassen werden und zu forstlich relevanten Nutzhölzern aufwachsen. So weit so gut.
Nicht nur das Wild auch wir sind – Offenlandjäger!
Nur kommt diese Idee des lichtungsscheuen und walddunklen Jagens der Evolution eines weiteren entscheidenden Großsäugers in diesem Spiel leider nicht entgegen, nämlich unserer: Auch wir sind Lichtungsjäger, auch wir sind Licht-jäger. Wir wollen prinzipiell nämlich (auch im Wald!) eher „an der Lichtung hocken“ und nicht „im tieftiefdunklen Tann“. Ich will „im Lichte sein“, also will ich meist auch im Licht jagen. Genauso wie ich möglichst nicht „unter Tage arbeiten“ will, will ich zumeist nicht „unter Tage jagen“!
Jagen in Licht und Zwielicht
Immer wieder ist es aber nicht nur das schlichte volle Licht, sondern zumeist sogar eher das besondere Licht, das mich hinauszieht: Licht in all seinen verschiedenen Schattierungen macht einen ganz großen Teil der Faszination meines Jagens aus.
Vom Dunkel des Waldes ins Licht der Savanne
Vielleicht ist es auch bei uns ein bisschen so, dass wir durch das Hinausgehen aus dem Dunkel des Waldes in das Licht des Offenlandes auch unsere menschliche Evolution „nachspielen“: Vom Herabsteigen aus den Baumkronen und dem Wald in die offenen Savanne – vom im Geäst turnenden Waldbewohner zum aufrecht gehenden Savannenmensch.
Bei jeder schlichten Waldwanderung durchleben wir es nahezu immer: Sobald wir eine Lichtung betreten oder den Rand des Waldes – wollen wir schauen, rasten, verweilen. Wir haben den dunklen, drückenden Wald hinter uns gelassen – und nun atmen wir tief durch und auf.
Immer wieder merken wir: Der Wald ist schön und beruhigend, aber unser Wohlfühlsein ist stets doch eher verbunden mit dem weiten Blick, dem offenen Horizont, dem „Land der offenen Fernen“ wie bspw. die wunderschöne eher waldarme Hohe Rhön so treffend genannt wird.
Wir sind Kinder, Menschen, Jäger des Lichts und ich möchte mir (Sachargumente hin oder her) auch zuweilen jenes „lichtvolle Jagen“ nicht und nimmer nehmen lassen.
Burkhard Stöcker
Der Wald ist schon ein besonderes Wesen. Er besticht nicht nur durch seine räumliche Ausdehnung, in der er sich zuweilen bis zur Kathedrale aufschwingt, sondern vor allem durch seine Vielseitigkeit und Vieldeutigkeit für uns Menschen: er ist Holz-Fabrik und Arten-Kammer, Wasser-Speicher und Luft-Filter. Vor allem aber ist er für uns Menschen Seelen-Balsam und Wellness-Center. Und wenn er bei einem Spaziergang für uns gar zum wirklichen Ereignis- und Erlebnisraum werden soll wird er dies zuallererst in der Begegnung mit einem zweiäugigen und befellten Wildtier. Dieses Wildtier ist das wesentliche emotionale Bindeglied zwischen Menschen, Natur und Wald.
Und wenn dieses emotionale Bindeglied durch eine rigorose „waldfreundliche“ Jagd bis auf eine schlichte Un-Wahrnehmbarkeit zusammengeschossen wird, kommt es zu einem leisen Bruch in jener Beziehung. Wenn dieses Wildtier (nennen wir es Reh!) in einer völligen Bedeutungslosigkeit innerhalb der Natur- und Waldwahrnehmung verschwindet – verlieren auch wir gewiss einen „guten Teil“ der emotionalen Bindung zum Wald.
Wir „Fachleute“ mit unserem ökologischen, forstlichen, jagdlichen oder sonst wie fachlich geprägtem Sachverstand – wir messen den Wald in Artenspektren, Vegetationseinheiten, Waldentwicklungphasen, Biomassevorräten, Festmetern, Bestandeshöhen, Hiebsätzen, Jagdstrecken, Jagderlebnissen usw.
Jeder normale Mensch bewertet einen Waldspaziergang gewiss nach anderen Kriterien vielleicht nach frischer Luft, vielleicht nach Stille, vielleicht nach großen Bäumen – vor allem aber ganz gewiss und fast immer: nach der Begegnung mit wilden, scheuen Augenpaaren!
Dem Wald „auf Augenhöhe“ zu begegnen heißt einem Reh, einem Hirsch, einem Wildschwein begegnen, heißt nicht primär Baumstamm, Baumkrone, Baumverjüngung. Wir sehen den Wald an und er sieht uns an, in Form von lebendigen Augenpaaren. Diese Erkenntnis geht in der waldverjüngungszentrierten, den „Klimastabilwald-aufbauenden Pseudo-Öko-Wahrnehmung“ von sogenannten Öko-Jägern und Öko-Förstern immer wieder nahezu unter.
Die zweiäugigen, befellten, wechselwarmen Säugetiere sind nun einmal unsere engsten Verwandten in der heimischen Restnatur. Wären Rehkitze gar Orang-Utan-Babys oder Hirschkälber Schimpansen-Kinder wäre unsere Verbindung zu jenen Felltieren noch eine ganz andere – und würden Orang-Utans oder Schimpansen Waldverjüngungen zusammenbeißen oder Jungbestände schälen, wäre die Regulierung dieser Waldschädlinge auf ein „ökologisch verträgliches Maß“ noch ganz anders Gegenstand kontroversester Diskussionen…
Wenn ich „Otto Normal Mensch“ nach einem Waldspaziergang frage und sie/er/es sind einem Reh oder einem Fuchs oder gar einem Hirsch oder einem Dachs begegnet, wird diese Begegnung ganz gewiss eine separate Erwähnung wert sein. Die Bäume, die Stille, die frische Luft sind ja nahezu immer präsent. Und sie machen jenen Waldbegang sicherlich auch aus – aber zu etwas besonderem wird er immer noch und immerdar durch die Begegnung mit einem wilden Tier.
Natürlich werden die ganzen „Öko-Jäger“ jetzt sagen und argumentieren: Aber die unverbissene, artenreiche Verjüngung ist doch viel, viel wichtiger für das Ökosystem Wald als die Beobachtung eines Rehs. Vielleicht werde ich dann nur schlicht entgegen „der Mensch lebt nicht vom Brot allein“. Das wäre gewiss richtig – aber es würde ebenso gewiss zu kurz greifen.
Zu kurz, weil ich weiß, dass beides möglich ist! Das es gangbare Wege zu „Wald und Wild“ und zu „Wald mit Wild“ gibt. Ich kann das eine tun ohne das andere zu lassen. Ich muss es nur wollen und ich muss geistigen Schmalz und Energie aufbringen damit das Zusammenspiel zwischen beiden gelingt. Es ist gar nicht so schwer und wahrlich kein Hexenwerk.
Wo ein Wille zur „Welt mit Wald und Wild“ ist – dort sind auch gangbare Wege dorthin.
Ich möchte weder in einem wildstrotzenden Forst, in dem kaum ein Kräutlein mehr wächst, umherwandern noch in einem wildleeren Wald, in dem mich nur unverbissene Baumdschungel anstarren.
Burkhard Stöcker
Jagen ist wunderbar: Man ist draußen in der Natur, atmet ganz tief durch, genießt die Stille, hört den Vöglein zu – ein geradezu sich meditativ- kontemplatives „Sich-Hinein-Summen in die Natur“.
Und dann kommt das begehrte Wild in Anblick und nach der wundersamen Sekunde der Erlegung und den Minuten des darauffolgenden stillen Verharrens ist das meditativ-kontemplative „In-Sich-Hineinsummen“ abrupt beendet. Den Zeigefinger im rechten Moment etwa 1,5 bis 3mm zu beugen ist ohne Zweifel ein Event und im besten Fall ein folgenschweres Ereignis… – ob es dann in der Tat (oder eher: nach der Tat…) wirklich ein schweres Ereignis wird, entscheiden die Umstände der Erlegung plus das Gewicht des dann zu bergenden Wildes.
Das Aufbrechen …
Das Aufbrechen ist mit einem scharfen Messer auch bei schwerem Wild erst einmal noch kein „gewichtiges“ Problem – wenn man am Ort der Erlegung aufbricht. Allerdings: Nach dem Aufbrechen sehe ich häufig so aus als hätte ich jenen Vorgang zum allerersten Male „konkret an mir selbst geübt“: Von der Stirn bis zur Fußsohle finden sich zuweilen mehr als nur leise Indizien für die Tat und die gesamte Montur kommt in die 60° Wäsche…und ich danach in den meisten Fällen unter die 30° Dusche!
... Die Bergung …
Mit dem Fahrzeug dann direkt zwecks Bergung zum Erlegungsort? Erstens halte ich das in den meisten Fällen höchstens bei Kapitalhirschen für wirklich notwendig. Zweitens und es widerstrebt mir schlicht ohne wirklich triftigen Grund einfach so übern Acker, durch die Wiese oder gar mitten durch den Wald zu fahren – irgendwo ist immer der nächste Weg und soviel Mühen sollte uns unser Wild doch Wert sein, dass wir es die paar Meter bis zum nächsten befahrbaren Weg schon noch zu ziehen vermögen. In der durchgeplanten Groß-Logistik einer Drück- oder Bewegungsjagd mag das noch etwas anderes sein. Und seien wir einmal ganz ehrlich: Eine kernige Bergung über Stock und Stein gehört doch zu den urigsten Elementen unseres Jagens! Allerdings muss hier auch konstatiert werden: die Bergung von über 50kg schweren Stücken für einen allein agierenden bedingt konditionsstarken 50-jährigen Mitteleuropäer über eine Strecke von über 50m ist körperliche Arbeit!
Früher (als ich noch ein echter „weidlüsterner Passions-Junkie“ war) hat mich der ganze „Apre Jagd-Aufriss“ nicht im Entferntesten interessiert – oder gar von der Tat abgehalten: Die Mühe der Bergung einer 90kg Bache, eines 100kg Alttieres oder jenes des Öfteren erlegten „Dreigestirns“ aus zwei Kitzen und der Ricke – auch wurde schon einmal ein Muffelwidder rücklings aus dem Moor getragen – dies alles war nahezu luftig, leicht und unbeschwert in der Leidenschaft junger Jagdjahre!
…, dass „Damals“ …
Ich werde jetzt gewiss nicht so weit gehen und behaupten „was ich nicht alleine bergen kann schieße ich auch nicht tot“ – diesem Vorsatz wäre ich schon viel zu häufig untreu geworden. Aber mich am Bergen und Bringen meines eigenen Wildes nicht zu beteiligen wäre eher ein Unding, obwohl auch dies (aus fotografischen Gründen) gelegentlich schon stattgefunden hat.
… “ins“ und „mit“ dem Fahrzeug …
Die Beute ist dann jedoch (nach dem Geschleppe, Geschleife und Geziehe) noch nicht im Fahrzeug und die „kinderleicht zu bauende Kofferraumrampe für die Wildbringung“ aus der Rubrik „50 Euro-Topp-Weidmanns-Tipps“ der Jagdzeitung habe ich natürlich auch noch längst nicht fertig, respektive: Überhaupt angedacht…
Dann die holprige beutebeladene Fahrt zur Wildkammer mit dem auch nur noch halbhoch aufgebockten Uralt-Fahrzeug – und ich denke abwechselnd an Stoßdämpfer, Fahrgestell, Radaufhängung, Querlenker usw. und den nächsten TÜV-Termin.
… der Wildkammerschlüssel …
Habe ich eigentlich den Wildkammerschlüssel dabei? Wie häufig stand ich schon beutebeladen, hungrig und todmüde davor und merkte, dass der Schlüssel wohl irgendwo zu Hause einer im wesentlichen zweckfreien Tätigkeit nachging. Energie für den dann spontan stattfinden unweidmännischen-Weid-Wutausbruch war meistens noch ausreichend vorhanden. Natürlich war ich ausschließlich selbst Schuld: Mangelnde Logistik – natürlich ist der Wildkammerschlüssel bei jedem anständigen Jäger auch „immer am Weidmann“.
… die Weiterverarbeitung …
Ist die Truhe eigentlich voll? Bestimmt ist sie schon wieder ausreichend leer und nun erwarten Familie, Freunde, Bekannte, Nachbarn und Verwandte natürlich das nun auf die „böse Tat“ auf den Fuß gleich die „gute Verwendung“ folge – und nicht die schnöde Delegierung zum Wildhändler! Natürlich haben sie alle Recht und sie und das Wild haben ein Recht auf eine solide und angemessen verantwortungsvolle Verwertung – wozu jage ich schließlich…? Genau, im Wesentlichen deshalb, weil ich Freude daran habe in der Natur und aus der Natur (ganz natürlich!) meinen Hunger zu stillen.
… Äußerlichkeiten ...
Und so flanieren so vor fast jedem Schuss nun heutzutage jene Bilder an mir vorüber: Aufbrechen, Bergen, Bringen, Saubermachen, Aufhängen, Klamotten reinigen, Wild in Wildkamer bringen/aus Wildkammer holen, Tiefkühltruhe frei räumen, Gefrierbeutel sortieren und vorbeschriften, Messer schärfen, Wild aus der Decke schlagen, sauber zerteilen, entbeinen etc.
… und Innerlichkeiten
Zusätzlich scheinen mir heute vor allem die Augen der Rehe noch viel dunkler und seelenvoller als noch in meinen jungen Jahren, ihre Bewegungen anmutiger und lebensfroher – die Wildtiere da draußen werden alle „immer schöner“: Die Hirsche erhabener, die Sauen ritterlicher, die Rehe niedlicher und so weiter und so weiter.
Und so summieren sich beide Gedankenstränge häufig zu einem einzigen harmonischen Gebilde, dass da sagt: „Och, nö muss ja heute jetzt auch nicht so dringend.“
Und so hat dann auch die Kugel oft gar keine Eile und bleibt erst einmal beschaulich dort, wo sie ist und danach wandert sie noch beschaulicher wieder zurück ins lederne Etui, auch dort hat sie es ja mollig, warm und fühlt sich wohl – so wie die Wildtiere sich auch weiterhin wohl fühlen, die ich heute wieder einmal mit meinem „Beute-Begehren“ verschont habe.
Wenn auch der Weg zum passionsfreien Nichtjäger gewiss noch steinig und schwer wird (: muss ich doch zugeben, dass jene Gedanken mich immer mal wieder, mehr oder minder häufig, beschleichen.
Nun bin ich offenbar doch in dem Alter, in dem ich über die „Vorrechte der Jugend“ und die „Gelassenheit des Alters“ zu sinnieren beginne.
„Wie jede Blüte welkt
und jede Jugend, dem Alter weicht
blüht jede Lebensstufe…“
Hermann Hesse
Burkhard Stöcker
Hochwasser und wir
Bisher kannten wir so etwas nur aus dem entfernten Ausland: weggeschwemmte Häuser, fortgespülte Straßen, übereinander getürmte „Spielzeugautos“ – ertrunkene Menschen. Die letzten derartigen Bilder erreichten „breitenmedial“ das deutsche Fernsehpublikum während der Tsunami Katastrophe im Pazifik.
Wirkliche „Hochwasserkatastrophen“ fielen bei uns bislang meist nur „mäßig katastrophal“ aus. Fast ausschließlich Sachschäden waren zu beklagen.
Mehr als nur Klimawandel …
Klimawandel, Klimawandel, Klimawandel tönt es jetzt durch die grüngetönten Medien – aber weder werden alle weiteren Windparks noch die flächigen Sonnenkellektoren uns vor weiteren Hochwasserkatastrophen bewahren. Natürlich sind es auch die klimawandelbedingten extremen Witterungsereignisse, die nun offenbar in immer engeren Intervallen auch Mitteleuropa heimsuchen: Trockenzeiten, Stürme, Hochwasser, Feuer.
Aber die „klimabedingte Hochwasserkatastrophe“ ist nur ein Teil der Wahrheit …
Es kommen sehr, sehr viele weitere „man Made“ Komponenten hinzu
Starkregen trifft auf ausgemergelte zu Beton verhärtete Böden
Zahlreiche Böden neigen bei extremer Trockenheit dazu „steinhart“ zu werden. Wassermassen, die auf diese Böden treffen fließen zügig ab. Derartige Böden müssten erst allmählich durchfeuchtet werden bevor sie in der Lage wären wieder Wasser in nennenswertem Umfang aufzunehmen. Im Berchtesgadener Land war dies neben der engen Talbebauung auch einer der Schlüsselfaktoren.
Landbewirtschaftung bestimmt wesentlich Wasseraufnahmefähigkeit
Gut durchwurzelte, vitale, bewachsene Böden können viel mehr Wasser aufnehmen als degradierte: Natürliche Wälder nehmen mehr auf als Nadelforste, Grünland deutlich mehr als die meisten Ackernutzungen, locker gepflasterte Wege deutlich mehr als asphaltierte usw. – naturnahe Wälder sind bei uns die Speerspitze der Wasseraufnahmefähigkeit!
Versiegelung lässt Wasser nicht mehr versickern
Seit nahezu fast einem Jahrhundert werden pro Tag in unserem Land im Rahmen der „zivilisatorischen Entwicklung“ durchschnittlich über fünfzig ha Fläche überbaut: Häuser, Verkehrswege, Industrieanlagen …
Regenwasser, dass auf diese Flächen trifft kann nicht in den Boden eindringen – es muss abgeleitet und kanalisiert werden. Gewachsene, natürliche Böden, die in der Lage sind, auch große Wassermengen langsam versickernd aufzunehmen … – werden immer weniger und daher werden die Wassermassen immer gewaltiger mit denen Bäche, Flüsse, Kanalisation bei Starkregenereignissen kurzfristig fertig werden müssen.
Die Fließgewässer haben keine Auen mehr
Bei Hochwasser breitet sich Wasser normalerweise in die natürlichen Fluss-Auen aus und versickert dort langsam und gemächlich. Gibt es keine Auen mehr und sind Flüsse und Bäche in einem engen künstlichen Korsett verschwunden (wie die meisten unserer Fließgewässer!) schießen große Wassermengen flussabwärts. Und je mehr Wassermassen durch „enge Gassen strömen“ desto gewaltiger und zerstörerischer werden ihre Kräfte …
Unser Lebensstil stimuliert Hochwasser …
Jedes neu gebaute Haus, jeder neue Industriepark, jede gepflasterte Auffahrt, jede geflieste Terrasse, jeder landwirtschaftliche oder forstliche Weg, der unter einer Asphaltdecke verschwindet, … ich hätte beinahe gesagt: jeder mit Teerpappe überdachte Hochsitz …stimuliert Hochwasser.
Es ist nicht primär der Klimawandel, der zu Hochwasserkatastrophen führt – es ist jeder einzelne von uns: Jeder, der gewachsenen Boden in wie auch immer gearteten „Stein“ verwandelt – oder mit seiner Landnutzung dafür sorgt, dass degradierte Forst oder Landwirtschafts-Böden kaum mehr Wasser aufnehmen können.
Es ist letztlich eine recht einfache Formel: unser Lebensstil befeuert in vielerlei Hinsicht jene Katastrophen, seien es nun die Dürren der vergangenen Jahre, seien es die aktuellen Hochwasserkatastrophen.
So wenig, wie wir der „Trockenheit trotzen“ können – können wir über „Hochwasser herrschen“ – im Grunde zeigen uns all jene Ereignisse nur, dass wir mit Natur anders umgehen müssen als wir dies bislang getan haben, dass wir nach Arten des Wirtschaftens suchen müssen die natur-pfleglich sind. Den Kampf gegen Trockenheit und Hochwasser werden wir zukünftig immer wieder verlieren – wenn wir nicht vieles ändern.
Burkhard Stöcker
Ein Thema, das Jägerschaft und Landwirte schon seit mehreren Jahrzehnten umtreibt
Es ist wieder einmal früh, sehr früh. Um 3 Uhr 30 klingelt der Wecker in Schildfeld. Heute wird es wieder sonnig und warm. Die Zeit und die Temperatur sitzen uns also im Nacken. Die ersten Gedanken des Tages. Doch fangen wir vorne an. Im Laufe der letzten Jahre konnten viele Berufskollegen und ehrenamtliche Helfer bereits etliche Rehkitze, Junghasen, Feldhühner und sogar Dam- und Rotkälber durch den Einsatz von Drohnen mit Wärmebildtechnik vor dem sicheren Mähtod bewahren. So ergab es sich, dass wir, die Stiftung Wald und Wild in Mecklenburg-Vorpommern, mit der Unterstützung der Familie Greve von der Milchhof Rodenwalde KG eine Drohne zur Jungwildrettung anschaffen konnten.
Dieser Beitrag soll eine Hilfe für die Zukunft sein und ein paar grundsätzliche Starthilfetipps zu geben.
Die Ausstattung
Wir verwenden das Modell Mavic 2 Zoom des Drohnenherstellers DJI in Kombination Wärmebildkamera mit der Flir Boson 640 30 Hz (Commerical Grade). Für welche Drohne man sich entscheidet, sollte auch durch die persönliche Empfindung der Haptik und Handhabung beeinflusst werden. Bei der Wärmebildkamera ist es allerdings unumgänglich, ein Modell mit der entsprechenden Größe (Auflösung 640 x512) zu wählen, damit es auch zu einem erfolgreichen Einsatz kommen kann. Die Vorteile liegen hier auf der Hand. Je größer die Kamera, desto größer die Fläche, die mit einem Überflug eingesehen werden kann. Wir können somit auf Höhen von über 70 Metern fliegen und Kitze und andere Wärmequellen sicher identifizieren. Bei einer Flughöhe von beispielsweise 70 Meter werden 2400 qm2 durch die Kamera überblickt. Somit erhöht sich auch automatisch die Anzahl der abgeflogenen Hektar. Die Flächenleistung an einem Morgen lässt sich nicht pauschalisieren, da Sie abhängig ist von Faktoren wie Flächenstruktur und Größe, Anzahl von gefundenem Jungwild, Standortwechsel und Helferzahl.
Die Vorbereitung
Wenn die Grundvoraussetzungen geschaffen worden sind, ist eine Informationsveranstaltung in der Region zur Aufklärung von Jagdpächtern und Jagdgenossen, bzw. Landwirten und Landbewirtschaftern zu empfehlen. Gerade im ersten Einsatzjahr kommt es sonst zu Abstimmungsschwierigkeiten und vermeidbaren Fehlern. Inhalte solch einer Veranstaltung sollten sein:
- Ablauf
- Ansprechpartner
- Finanzierung
- Wie weitim Voraus muss der Bewirtschafter informieren?
- Rechtliche Lage
- Unterstützungsmöglichkeiten
Sind diese ganzen Punkte geklärt, geht es an die direkte Vorbereitung vor dem eigentlichen Einsatz. Wichtig dabei ist, dass
- von dem Bewirtschafter die genauen Flächen bekannt gegeben werden, welche gemäht werden sollen, damit Karten bereits erstellt und heruntergeladen werden können
- für die Fläche genug Bodenpersonal (Läufer/Fänger) aktiviert werden
- genug Kisten/Boxen vorhanden sind für die zeitweilige Aufbewahrung der Kitze
- mit dem Bewirtschafter abgesprochen wird, wo man beginnt zu fliegen, damit die Fläche unmittelbar nach Ende des Fluges gemäht werden kann
- die Fläche auf Flugverbotszonen bzw. Einschränkungen geprüft wird, anliegend ein beigefügter Link mit einer guten Karte hierfür: https://map2fly.flynex.de
Der Einsatz
Empfehlenswert ist es, für den gesamten Zeitraum der Wildrettung (Mai-Juni) eine gemeinsame Messenger-Gruppe mit allen ehrenamtlichen Helfern zu erstellen. Dies steigert die Motivation und erleichtert die Kommunikation. Unabdinglich ist der Start mit dem ersten Tageslicht, da bei entsprechender Sonneneinstrahlung und dadurch der Erwärmung des Bodens und der Pflanzen wie z.B. Sauerampfer die Fehlerquote mit der Zeit steigt. In Bezug auf die Aufgabenverteilung aller Mitwirkenden, hat es sich herausgestellt, dass es neben den mit Funkgeräten ausgestatteten Rettungsläufern einen Koordinator geben sollte, der diese dirigiert. Hierfür eignet sich der Drohnenpilot oder eine zweite Person, die den Wärmebildmonitor kontrolliert, am besten. Es wird vor dem Start kurz angesagt wie die Fläche beflogen wird, danach verteilen sich die Rettungsteams am Rande der Fläche und warten auf Informationen vom Koordinator. Ist Jungwild gefunden worden, begeben sich diese, geleitet durch den Koordinator, zur Stelle und fangen das Jungwild ein. Hierbei sollte vom Suchenden jeweils ein Arm seitlich vom Körper ausgestreckt werden, damit er einfacher geleitet werden kann. Auf dem Monitor ist die Bewegungsrichtung des Menschen leider nicht immer deutlich zu erkennen. Dieser Hinweis erleichterte das Ganze bei unseren Einsätzen immens.
Verhalten am Wild
Als Präventionsmaßnahme sollten Einmalhandschuhe getragen werden und das gerettete Tier mit etwas Bewuchs aus der Umgebung in der Transportbox untergebracht werden. Diese sollten mit einem Deckel dicht verschlossen werden, damit Befreiungsversuche z.B. der Ricken außerhalb nicht erfolgreich sind.
Unmittelbar nach der Mahd werden die Kitze und das restliche Jungwild wieder am Rande der ehemaligen Einstände im Schatten abgelegt. Oftmals stehen Ricken oder Damalttiere schon in den angrenzenden Beständen und kommen unmittelbar nach Freilassung zurück zu ihren Kitzen. Was unbedingt ebenfalls noch beachtet werden sollte, ist, dass man mit größter Mühe versuchen sollte gerade Rehkitze einzufangen, da wir auch die Erfahrung machen mussten, dass Kitze, die vor den Rettern aufstehen und aus der Fläche fliehen, bereits kurze Zeit später wieder zurückkehren. Sie sind dann zwar schon groß genug, um vor einem Menschen zu fliehen, aber vor einer landwirtschaftlichen Erntemaschine drücken sie sich dann zumeist doch wieder im hohen Gras.
Nachbereitung des Einsatzes
Diese sollte auch genauso akribisch erfolgen, wie die Vorbereitung. Hierzu sind Fakten niederzuschreiben wie:
- was hat gut geklappt? Was muss verbessert werden?
- wie viele Kitze bzw. Jungwild sind gefunden worden?
- Geschlechterverhältnis bei den Schalenwildarten, gerade über die Jahre eine sehr spannende Beobachtung
- wie viele Hektar sind beflogen worden?
- wie war die Witterung?
Unsere eigenen Ergebnisse des ersten Projektjahres Wildtierrettung sind wie folgt:
- 100 Rehkitze
- 18 Damkälber
- 2 Rotkälber
- 1 Fasangesperre
- etliche Hasen
Dieses erfreuliche Resultat steht einem Arbeitsaufwand von 1700 ha intensiv abgeflogener Fläche, bei 18 morgendlichen Einsätzen, mit durchschnittlich fünf ehrenamtlichen Helfern und damit insgesamt ca. 30 Arbeitsstunden pro Morgen gegenüber.
Wir können, trotz dieser hohen benötigten Menpower, nur jedem dazu raten, sich in diesen Bereichen der Jungwildrettung einzusetzen und stark zu machen. Die Landwirte und Bewirtschafter sind von Gesetzes wegen bereits hierzu verpflichtet und unser Hegeauftrag verpflichtet uns, sie bei dieser gewaltigen Aufgabe zu unterstützen.
Gerade aktuell läuft noch die Förderung des BMEL zur Anschaffung von Drohen von Jungwildrettung. Stichtag ist hier der 01.09.2021 Wenn hierzu nähere Informationen benötigt werden, leiten wir gerne den Kontakt weiter. Zur Förderung:
https://www.ble.de/DE/Projektfoerderung/Foerderungen-Auftraege/Rehkitz/Rettung_node.html
Horrido und Waidmannsheil
RJM Hans-Kristian Sierk
Da hört man von Jägersleuten zuweilen Geschichten – da klappen sich einem nicht nur vor Schreck die Schutzklappen des Zielfernrohrs hoch. So geschehen vor vielen Jahren in den lauschigen Wäldern des Sauerlandes: Da spaziert eine fröhliche Kinderschar mit naturverbundenen Betreuerinnen auf einem öffentlichen Waldweg in einem öffentlichen Wald und sammelt entlang des Weges begeistert Moos für ein paar Bastelarbeiten: „Basteln mit Naturmaterialien“ – ist uns Jägern ja nur allzu lieb und vertraut: Hochsitzbasteln im Revier, Trophäenbasteln in der Jagdstube, Wildbretbasteln in der Wildkammer usw.
Dann kommt ein Jägersmann mit SUV des Weges (jener mit dem grünen Abitur und der sensiblen Natur und Nase für alles was da draußen kreucht und fleucht…). Gewiss wird der Jägersmann diese Gelegenheit nicht ungenutzt lassen, den Kindern nun auf einfühlsame Weise etwas von der Natur und vielleicht gar sogar von der Natur der Jagd nahe zu bringen. Und in der Tat: Er lässt diese Gelegenheit nicht ungenutzt… – und weist die Betreuerinnen und die Kinder an, die mit Moos inzwischen gefüllten Tüten an Ort und Stelle wieder auszuleeren, und den Wald (diesen nun durch Kinder, Betreuerinnen und entwendetes Moos geplagten!) möglichst zügig zu verlassen…
Oder doch: Spontan erkannte „Rote Liste Moose“???
Erstaunlich wie der Inhaber des „Grünen Abiturs“ durch die scheinbar blickdichten Tüten am schwach hindurchschimmernden Oliv Ton des Mooses erkannt hat, dass es sich wohl um eine hochgefährdete Moos Art der landesspezifischen Roten Liste handelte...???
Oder weshalb sonst sollte der Jägersmann die Entleerung der Tüten von den völlig verstörten kleinen Kindern und den im besten Fall verdutzten Betreuerinnen verlangt haben?
Vielleicht waren aber die Kinder und die Betreuerinnen aber nun auch voller Hochachtung und Bewunderung für jenen Weidmann, der nicht nur als Heger des Wildes und Umsorger des Waldes auftrat, nein – sondern auch als Fürsprecher und Anwalt der am Wegesrand so unscheinbar und bescheiden lebenden Moose?
Betreuerinnen und Kindern schweren Herzens ihre mühselig gesammelte Beute zu entreißen… – nur um den stumm leidenden Moosen ein stiller Fürsprecher zu sein. Hier zeigt er sich: der Samariter der Humusdecke, der Rächer des Waldbodens, der Heger der moosigen Wildnis, der wahre Naturliebhaber: den ihm innewohnenden naturpädagogischen Auftrag der weidgerechten Weiterbildung zukünftiger Generationen erfolgreich niederringend – nur um dem höheren Wert wehrloser Moose Geltung zu verschaffen...
Die „pädagogische Empathie“ des Weidmanns
Es ist immer wieder schwer zu fassen wie Jägersleute sich im Revier aufführen, als würde ihnen die ganze Welt gehören. Dass das beim Motocross Fahrer, der unsensibel durchs Revier brettert, schwer fällt, ist durchaus verständlich. Aber bei Kindern die ein wenig Moos sammeln? Natürlich fährt man nicht primär ins Revier, um der Naturpädagogik zu frönen: man will seine Ruhe haben und einen lauschigen (möglichst auch beutereichen!) Abend verbringen – keine Frage.
Aber wenn sich dann eine solche Gelegenheit bietet mit gutwilligen naturverbundenen Menschen (Kinder plus Betreuerinnen!) ins Gespräch zu kommen, sollten wir diese Gelegenheit doch beim Schopfe packen und in der Lage sein recht spontan von Jagdabend auf Naturpädagogik umzustellen!
Wir können weiterhin teure Marketingkampagnen für die Jagd finanzieren und den „Lernort Natur“ in vielen Formen fleißig unterstützen.
Aber jeder Jäger sollte sich darüber im Klaren sein, dass er mehr als alles andere da draußen in der Landschaft steter Botschafter sein kann – bei jedem einzelnen Reviergang!
Jägern wie dem „kleinen Jägersmann“ mit einem „derartigen Gespür“ für Öffentlichkeitsarbeit und „empathischer Sensibilität“ für Kinder (…und Moose) verdanken wir jedoch leider auch unsere derzeitige Stellung als wahre Naturexperten mitten in der Gesellschaft!
Der Lodenrambo, der mit schneidigen SUVs, grobklotzigen Hochsitzen, zirkushaftem Kanonengehabe und nicht zuletzt spontaner Moostütenentleerung die freie Landschaft belebt – ist das öffentlichkeitswirksamste Fettnäpfchen unserer Jägerinnung – Horrido und Weidmannsheil!
Burkhard Stöcker
Wir Menschen sind von Natur aus „Tag-Seher“ und folglich von Natur aus auch „Tag-Jäger“. Und wenn unser Jägersein, wie es stets mit Inbrunst und immer wieder betont wird, ein „Zurück zur Natur“ oder ein „Eins Werden mit der Natur“ sein soll, dann ist der ganze nachtjagd-technische Schnickschnack und die technisch hochaufgerüstete Jägerei der Jetztzeit gewiss eher Hindernis als Hilfsmittel. Kennen Sie ein technisches Hilfsmittel der modernen Jägerei, dass uns der Natur wirklich näherbringt?
Hegeauftrag und Nachtjagd
Unser primärer Hegeauftrag heißt heute: Lebensräume erhalten und schaffen! Und das kann nicht nur heißen „Lebens-Raum“, sondern auch „Lebenszeit“ – die Nacht gehört dem Wild!
Und dies sollte uns, von wenigen, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen auch zukünftig jagdliche und hegerische Richtschnur sein!
Beutefixierung total
Die einseitige Fixierung auf die Beute, die uns Jägern heutzutage von vielen Seiten vorgeworfen wird – findet in der Jagd mit der Nachtzieltechnik ihren wahrlich vorläufigen Höhepunkt. Ich bin umgeben von schwarzdunkler Nacht und nur mit Hilfe der Technik blicke ich durch das Dunkel und bin in der Lage der Beute habhaft zu werden.
Das nächtliche Jagen ist nicht mehr eingebettet in eine ganzheitliche Betrachtung von Landschaft und jagerischer Welt. Im Dunkeln bin ich nahezu abgeschnitten von der „Betrachtung eines großen Ganzen“.
Beim Jagen betrachten wir zunächst einmal ganz wach „die ganze Welt“ (Landschaft…). Sobald die begehrte Beute dann ausgemacht ist, beginnen Fixierung und Konzentration, der Gesamtblick auf die Landschaft tritt im Prozess der Beutefixierung erst dann in den Hintergrund.
Unser erster Blick auf die jagerische Welt ist praktisch technikfrei – „…unsere Augen schweifen als Weitwinkelobjektiv stetig umher…“ und erst dann kommt gelegentlich das Fernglas zur Hilfe und erst wenn wir die Beute dann entdeckt und aufgespürt haben kommen Fernglas, Zielfernrohr, Waffe hinzu…
Beim nächtlichen Jagen läuft gar nichts ohne Technik: Von Anfang an sind wir nahezu blind ohne den Blick durch die Geräte. Das jagerische Erleben ist nur mehr minimaler, dunkelster Ausschnitt. Und in der Propagierung jenes Jagens klammert der Jäger den restlichen Komplex, einen großen Teil des so herrlichen Drumherum fast zur Gänze aus. Der nächtliche Jäger nimmt nur noch die Beute wahr – der Rest ist ein schwarzes, dunkles Nichts.
Auch nächtliches Jagen hat ohne Zweifel seinen Reiz…
Damit will ich keinesfalls behaupten, dass dieses tiefdunkle Jagen nicht auch seinen Reiz haben kann. Und man nimmt ja mit der Technik auch so manches andere wahr außer nur schwarze Schweine: Hier ein Dachs, dort ein Fuchs, nächtliche Rehe, nächtliches Rotwild, den einsamen Hasen…
Und natürlich ist es faszinierend in jene bislang nahezu verborgene Welt mit Hilfe der Technik einzudringen – keinesfalls möchte ich dies abstreiten.
Schwarz-Weiß Malerei, Schwarz-Weiß Jagdlandschaft, Schwarz-Weiß Jagerei
Vielleicht ist aber auch in den vielen Maissteppen (der Schweinereviere unserer Zeit!) oder auch den Kiefern oder Fichtensteppen der Unterschied zwischen Tag- und Nachtjagen gar nicht einmal mehr sooo groß: ob ich nun am Tage in einem fünfzig ha großen reinen Maisschlag ansitze oder in der tiefen Nacht: Je eintöniger die gesamte Jagd-Landschaft desto geringer fallen gewiss auch die Tag-/Nacht Jagd-Unterschiede aus.
Vielleicht ist das auch einer der Gründe, weshalb vielen das rein nächtliche Kunstjagen gar nicht mehr so schwer fällt – der Unterschied zwischen Tag-Erleben und Nacht-Erleben ist vielleicht gar nicht mehr allzu groß.
Für einen Benedikt von Cramer Klett, der in Bergwald-Wiesenlandschaften gejagt hat, die nur so vor andersartigem Leben strotzten – wäre dies wohl „ein Unterschied gewesen wie zwischen Tag und Nacht“…und auch für einen Friedrich von Gagern…“Jagd ist Schauen, Jagd ist Sinnen, Jagd ist Dankbarsein…“ – beim Jagen mit der Nachtsichttechnik ist gewiss nach erfolgreichem Beutegriff wohl noch „Dankbarsein“ – aber „Schauen“, oder „Sinnen“…?
Der Jäger – der Knecht der Technik
Letztlich werde ich durch diese reine Nachtjagd doch zum nahezu vollständigen „Knecht jener Technik“: ohne jene Technik ist die tiefdunkle Nacht ein schlichtes jagdliches Nichts – und das war sie ja auch, außer zu den Mondjagdzeiten, über etliche tausende von Jahren, ja in der ganzen jagdlichen Evolutionsgeschichte des Menschen. Klar, wir treten nun mit dem neuen modernen digitalen Zeitalter wohl in eine neue evolutive Ära des Menschseins ein. Bei der Jagd habe ich häufig aber eher das Gefühl, dass der technische Fortschritt zumeist eher ein jagdlicher Rückschritt ist.
Früher musstest Du als fähiger Jäger Wechsel und Wege des Wildes kennen, dich hineinfühlen in Revier, Jahreszeit, Witterung, Stunde und Stimmung – heute streut man Maiskörner umher, liest Wildkameras aus, kauft sich die rasanteste Fernbüchse und clickt bei Bedarf dann ein bisschen am Zielfernrohr herum – so kommt man auch „auf große Entfernung“ wieder „ganz nah zurück an den Busen der Natur“???.
Und wir verlieren ein Wort: „Im letzten Licht“
Jenes von uns so oft genutzte Wort: „Im letzten Licht kam er/ stand er da/ zog er fort… – auch es verschwindet. Bald gibt es im Zeitalter des machbaren nächtlichen Jagens dieses schöne geradezu jagdromantische Wort kaum mehr: „Im letzten Licht“!
Der Jäger – der wache Mensch!
Ortega y Gasset hat einmal den schlichten Satz geprägt: „Der Jäger – der wache Mensch“. Mit wach sein meinte er gewiss „mit allen Sinnen die Umgebung und die Welt prüfen und bereit sein selbst den kleinsten Hinweis auf Wild zielführend zu nutzen“.
Den „wachen Menschen“ kann man aber natürlich auch im Sinne der „Neuen Nutzung der modernen Technik“ interpretieren: Bereit sein innovative hochtechnische Werkzeuge in der neuen Situation einer rigorosen Wildbekämpfung zielführend einzusetzen – das kann „wach sein“ vielleicht auch heißen.
Burkhard Stöcker
In den weiten, sanften Hügeln der Uckermark
Weit über einen Kilometer Fußweg hatte ich hinter mir, Berg- und Tal in der uckermärkischen Hügellandschaft… – bevor ich nichts weiter als eine kleine Markierung in der Nähe einer uralten Buche fand. Hier war mein Stand. Auf dem Weg dorthin hatte ich alte Buchenwälder gesehen, die von Eichen, Ulmen und Eschen begleitet wurden, bürstendichte Verjüngungen hatte ich passiert, kusselige urige Kiefern, die am Rande von Mooren wuchsen und deren graumelierter Stammfuß den Malbaum verwies. Und dann hockte ich stundenlang in diesem weiten Waldes-Dom…und dann, mitten in dieser germanischen Urlandschaft, inmitten der von Seen und Mooren durchzogenen bewaldeten Hügel: Drei Überläufer, schon von weitem sicht- und hörbar durch das frisch gefallene herbstliche Laub – einer blieb auf der Strecke. Nun begann die Arbeit: Erst die „rote“ des Aufbrechens, ein scharfes Messer, ein paar Schnitte, schnell getan…
Doch dann: Der Weg zurück mit Beute, das weite, weite Laub vor mir war nun mein Weg, die nächste Kuppe mein Ziel und immer wieder Laub, Hang, Kuppe, Laub, Hang, Kuppe… – des Jägers Herz pochte nun lange schon nur noch vor Anstrengung, längst nicht mehr vor Aufregung. Und jeder Herzschlag näher an Hänger, Wildkammer, Zerwirkraum, Tiefkühltruhe, Küche, Tafel…
Mit jedem Schritt auch näher zu jenen die sich dankbar und freudig dann der Tafel nähern – so sehe ich von den Augen des Wildes in der Weite des Waldes in die Augen der Menschen in der Wärme der Wände…und so wechselten die Gedanken aus den bunten Wäldern in die heimischen Wände und zurück.
Überleben war Jagen – Jagen war Überleben
Doch mitten im Keuchen vor der nächsten Kuppe wanderten die Gedanken viel weiter zurück in ferne Tage der Uckermark, weit zurück zu des Ur-Jägers Tagen: Wenn zum Ausgang des Winters (vielleicht zuweilen schon in der Mitte…) die Vorräte aufgebraucht waren, der Frühling aber noch lange, lange auf sich warten lies. Irgendwo wartete hungernd die Sippe. Jene schon letzten Kräfte mussten mobilisiert werden um des lebensrettenden Wildes habhaft zu werden! Vielleicht gar risikoreiche Jagd auf Mammut oder Riesenhirsch – es konnte zuletzt immer noch misslingen, das Tier entkommen, wichtige Energien unnütz vergeudet, alles umsonst. Enttäuschung der Sippe, bittere Enttäuschung, vielleicht Hohn, Wut, Verzweiflung – vielleicht sogar das Ende.
Wenn aber die Beute doch erfolgreich erlegt war, war die Erschöpfung anstrengender Jagd rasch vergessen. Die Erleichterung über das nun wieder für Tage gesicherte Überleben ließ letzte Kräfte von neuem wachsen. Das Aufbrechen und Bergen der Beute war dann ein Tun in Gewissheit – sicheres Gelingen war hier nun die Triebfeder für das Bergen des Wilde bis zur Sippe. Sie würde leben, wir würden leben. Überleben.
Wieder zurück im Hier und Jetzt
Jeder meiner Schritte brachte meinen Überläufer nun nicht einer ausgezerrten Sippe…, sondern nur dem Hänger und dem Wildhändler näher. Natürlich, ich hätte hier jetzt auch die eigene Familie mit ins Spiel bringen können: Über Wildbret freuen sie sich immer. Nur: Welcher Intensiv-Schalenwildjäger heutiger Prägung mit 60–70 Stück Wild im Jahr ernährt damit ausschließlich die eigene Familie? Wie immer und überall in der arbeitsteiligen Gesellschaft gibt es nur selten den wirklich direkten Weg zum Essen und Trinken. Doch bei uns Jägern gibt es ihn oft, so oft wie wir es wollen – so oft wie wir jagen…zerwirken, zerteilen…zubereiten wollen!
Nach der Jagd…ist sie Hand-Werk!
Noch viel mehr beim Aufbrechen, beim Bergen, beim Zerwirken kann Jagd heute wirklich noch „Hand-Werk-Sein“. Die eigentliche Erlegung ist vielleicht gar viel mehr Finger-Werk, ja gar Zeigefinger-Werk. Viel mehr als ein bisschen Fingerfertigkeit und Auge-Hand Koordination bedarf es ja auch kaum beim schlichten Zeigefinger-krumm-machen im rechten Moment. Aber das eigenständige Bergen im schweren Gelände ist Kraft, Kondition, Schweiß, Anstrengung, Arbeit, Akt, Tun. Wie armselig ist es oft, wenn der Erleger dies nicht selbst an-packt (so er es noch kann!) sondern dies alles nun schon wieder im „Rundum-Sorglos-Paket“ heutigen Jagens inbegriffen ist. Das ganze Nach-dem-Finger-krumm-machen – kaum mehr Bestandteil von Jagd!? Und das ganze Vor-dem-Finger-krumm-machen ist es ja oft auch kaum mehr – all dies Schauen, Sinnen, Beobachten, Bestätigen, Erfühlen des Wildes – all dies wirkliche echte Jagen!
Burkhard Stöcker
Ein Ausflug mit Burkhard Stöcker in den blühenden Frühlingswald
Zwei Erscheinungen sind es die für mich seit den frühesten Kindheitstagen den Frühling einläuten: der Geweihabwurf der Hirsche und die Blüte der Märzenbecher.
Wenn auch die ganz alten Hirsche noch in den Februarschnee ihre Kopfzier werfen, so fallen doch die meisten Geweihe mitten hinein in die blühende Pracht der Märzenbecherzeit, in die Buschwindröschenblüte oder den rötlichen-weissen Blütenflor des Lerchensporns. Und so wollte es auch schon mancher Zufall, daß ich die ein oder andere Geweihstange inmitten blühender Frühlingswälder fand.
Die meisten unserer heimischen Frühblüher gehören in die Gruppe der sogenannten Geophyten. Diese schützen sich sowohl gegen winterliche Kälte, als auch gegen sommerliche Trockenheit durch ausschließlich unter der Erde liegende Überdauerungsorgane, oft in Form von Zwiebeln. Sie benötigen zum Keimen und Fruchten nur sehr geringe Frühjahrstemperaturen und durchlaufen ihren gesamten Entwicklungszyklus vor dem Laubaustrieb der Bäume. Zu einem späteren Zeitpunkt würde der Lichteinfall unter den vollbelaubten Bäumen für ein Wachstum der Krautpflanzen auch kaum mehr ausreichen.
Die großen Teppiche so bekannter Frühjahrsblüher wie der Märzenbecher oder des Buschwindröschens sind nach wenigen Wochen wieder zur Gänze verschwunden. Der Waldboden liegt dann oft scheinbar vegetationslos im tiefen Schatten der belaubten Bäume.
Die Geophyten sind jedoch aus jagerischer Sicht deutlich mehr als nur „Abwurfstangenkulisse“: nach Studien von Klötzli aus der Schweiz sind Geophytenteppiche regelrechte „Frühlingsnaschzentren“ fürs Rehwild. Viele Arten gehören in die Gruppe der eiweißreichen Kräuter und sind nach dem Winter die ersten energiereichen Nahrungspflanzen unserer Rehe.
Die meisten Geophyten wachsen in ausgeprägten Fleckenbeständen zwischen denen der Waldboden oft flächig vegetationsfrei bleibt. Dadurch, daß Rehe von einem Vegetationsflecken zum anderen wandern transportieren sie oft Samen der Geophyten über bisher kahlen Waldboden. Sie tragen dadurch zur Aus- und Verbreitung der Arten bei.
Die meisten der heimischen Geophyten werden jedoch durch Ameisen verbreitet. Auch die kleinen, meist staatenbildenden Insekten leisten damit einen wesentlichen Beitrag zur Schalenwildäsung im Wald!
Zu den einzelnen Arten
Gelbes Buschwindröschen (Anemone ranuncoloides)
Deutlich seltener als die weiße Schwesterart und nicht im atlantischen Westen verbreitet. Blüht zur gleichen Zeit wie das Buschwindröschen, kommt aber vor allem in feuchten Au- und Laubwäldern vor. Fehlt in vielen Regionen des atlantisch geprägten Nordwestdeutschland.
Lerchensporn (Corydalis spec.)
Der Name kommt von der wie Lerchenzehen geformten Blüte. Einer der schönsten Frühjahrsblüher, der in mehreren Arten vor allem in reichen Laubwäldern vorkommt.
Leberblümchen (Hepatica nobilis)
Vor allem verbreitet auf sommerwarmen, lehmigen Kalkböden. Kommt vor allem in vielen Bergregionen und in Nordostdeutschland vor. Fehlt in weiten Teilen des Westens und in den Ebenen.
Märzenbecher, Knotenblume (Leucojum vernum)
Blüht in Au- und Schluchtwäldern auf nährstoffreichen Böden. In Deutschland gefährdete Art, die jedoch in Thüringen noch Bestände mit zum Teil über 1 Millioen blühenden Exemplaren bildet. Kommt in der norddeutschen Tiefebene nur sehr vereinzelt vor. (Bild: s.o.)
Buschwindröschen (Anemone nemorosa)
Der typische, häufigste Frühlingsblüher – das Erscheinen der Buschwindröschen markiert im Blühkalender des Jahres den sogenannten Erstfrühling. Sie blühen auf verschiedensten Standorten und zeigen dort Frische- und Nährstoffreichtum an. Sie ist im ganzen Land von der dänischen Grenze bis zu den Alpen verbreitet und fehlt nur in waldfreien intensiv genutzten Agrarlandschaften. (Bild: s.o.)
Schuppenwurz (Lathraea squamaria)
Ein fast chlorphyllfreier Parasit, der sich von den Nährstoffen in den Wurzeln verschiedenster Gehölze ernährt (Hasel, Erle, Pappel, Weide). Meist in reicheren Laubwäldern zu finden. Fehlt in vielen trockenen Regionen Ostdeutschlands und in den meisten Regionen des Flachlandes.
Scharbockskraut (Ranunculus ficaria)
Wurde früher gegen Scharbock = Skorbut eingesetzt. Einer der häufigsten Frühjahrsblüher, in krautreichen Laubwäldern auf meist tiefgründigen Lehmböden. Im ganzen Lande ähnlich wie Buschwindröschen verbreitet.
Einbeere (Paris quadrifolia)
Unscheinbarer Frühblüher, der aber auf nährstoffreichen Standorten bis in die Hochlagen der Gebirge steigt (bis 1870m). Fehlt in Deutschland nur in waldfreien Räumen und in den Tockengebieten des Ostens.
Hohe Schlüsselblume (Primula elatior)
Der Gattungsname kommt von der mittelalterlichen Wortschöpfung „Primula veris“ = „erste (Blume) des Frühlings“. Gebräuchliche volkstümliche Namen wie Schlüsselblume oder Himmelsschlüssel verdanken ihre Herkunft der Ähnlichkeit mit altgermanischen Schlüsseln.
Burkhard Stöcker
Vor genau einem Jahr haben wir, die Stiftung Wald und Wild in Mecklenburg-Vorpommern, in unserem Gutswald begonnen Maßnahmen und bauliche Einrichtungen für ein aktives Prädatorenmanagment zu installieren.
Dem Aufbau der Kunstbaue ist bereits der Beitrag „Ein ausgefuchstes System“ gewidmet worden. Hierzu können wir nach der ersten Saison nur ein kurzes Statement geben. Aus den Kunstbauten konnten in Summe sieben Füchse gesprengt werden. Hierbei handelte es sich um vier Rüden und drei Fähen, die jeweils alleine auf dem Bau gelegen haben. Wir haben im Revier zwei verschiedene Aufbauweisen gewählt. Aus dem System mit zwei Kesseln und einem Ausgang sprang nur eine Fähe. Die restlichen Füchse lagen auf Kunstbauten mit zwei Ausgängen und einem Kessel. Dies soll aber nur als erster Eindruck dienen, eine verlässliche Aussage lässt sich hier sicher erst nach ein paar Jahren treffen.
Fangsystemen im Einsatz
Wir haben uns für zwei verschiedene Fallentypen der Firma Krefelder Fuchsfalle entschieden. Einerseits die klassische Krefelder Fuchsfalle als Betonrohrfalle mit Wippenauslösung an einem festen Fangplatz für den ständigen Einsatz und die Waschbärfalle für den Einsatz als mobile Kastenfalle an mehreren Standorten.
Aufgrund der hohen Raubwilddichte in unserem Revier haben wir uns im ersten Jahr dazu entschlossen, erst mit dem Einsetzen der Balgreife mit der Fangjagd zu beginnen. Somit konnten knappe vier Monate Fangjagd mit elf Fallen auf 727 ha Revierfläche ausgewertet.
Mit fast 50 % Anteil an der Fangjagdstrecke dominiert der Waschbär deutlich das Ergebnis. Der Rotfuchs fügt sich mit guten 25 % an. Die verbleibenden 25 % teilen sich marderartiges Raubwild und Nutria.
Besonders spannend an der Waschbärstrecke ist die extrem hohe Zahl an Rüden. Diese machen mit 41 Individuen den Großteil aus. Hierbei überwiegt der Anteil der adulten Rüden leicht. Beim Rotfuchs und Dachs ist es hingegen komplett ausgeglichen.
Als Köder wurden Trockenobst, Niederwildgescheide und Räucherfisch verwendet. Nach frischer Beköderung kam es in der direkten Folgenacht zu mehrfach Fängen. In der darauffolgenden Nacht, häuften sich diese allerdings nicht.
Die Krefelder Fuchsfalle wurde an allen sieben Standorten in Randstrukturen unserer Kulturlandschaft etabliert. Hier haben wir beispielsweise natürliche Erhöhungen, Wälle, Hecken oder andere Grenzlinien angenommen. Diese werden vom Raubwild stark frequentiert, sodass wir hier mit guten Fangerfolgen rechnen konnten. Die Krefelder Fuchsfallen konnten mit 61 gefangenen Stück Raubwild, im Schnitt knapp 8,7 Stück Raubwild, pro Falle einen wesentlichen Teil unserer Raubwildstrecke beisteuern.
Für den mobilen Einsatz haben wir mehrere kleine Brücken im Revier über Gräben platziert, sodass wir hier immer wieder mit den Kastenfallen auf diesen Brücken fangen können. Gerade invasive Arten wie Waschbär und Nutria nehmen diese sehr gerne an. Die Krefelder Waschbärfalle ist extra für den Fang dieser invasiven Räuber konzipiert worden und besitzt ein Stellrad zum fängisch stellen, welches eine einhändige Bedienung ermöglicht. Nebenbei dient es als Klappensicherung und verhindert somit Fehlfänge. In den vier mobilen Waschbärfallen hat Sie Ihrem Namen alle Ehre gemacht und es haben sich in der zurückliegenden Fangsaison 27 Waschbären, 6 Nutria, 2 Rotfüchse, 2 Iltisse und 1 Mink gefangen. Mit im Schnitt 9,5 Fängen pro Falle hat sich dieses System mehr als bewährt.
Zahlenspiele rund um das Raubwild
Die Durchschnittsgewichte liegen bei den Waschbären bei 6,27 kg und Rotfüchsen und 6,45 kg wobei der Rüde bei beiden Wildarten im Schnitt 0,5 kg schwerer ist als die Fähe. Der Dachs wiegt im Durschnitt 9,59 kg auch hier ist der Rüde im Schnitt ca. 2 kg schwerer als die Fähe. Über die Jahre werden hier die Zahlen und Ergebnisse präziser werden. Weiterhin wurde keine Falle wirklich gemieden, die fängigsten Fallen waren eine Waschbärfalle mit 14 Fänge und eine Krefelder Betonrohrfalle mit 13 Fängen. Auch die am schlechsten frequentierte Falle bracht trotzallem vier Stücke Haarraubwild auf die Strecke.
Wer geht wann in die Falle?
Ein deutlich zu erkennender Trend zeichnet sich ebenfalls ab, was die Aktivität des Raubwildes in der Nacht angeht. So wurden dreiviertel der Waschbären in der zweiten Nachthälfte gefangen wohin gegen z. B. der Dachs fast immer in der ersten Nachthälfte in die Falle geht. Der Rotfuchs wurde in den Stunden kurz nach und kurz vor Sonnenuntergang gefangen. Die anderen Marderartigen hingegen fingen sich zu meist mitten in der Nacht.
Mit 91 Stücken Haarraubwild machte die Fallenjagd etwas mehr als 80 % unserer Gesamtraubwildstrecke aus und ist in keinem Fall aus dem Revier und dem aktiven Artenschutz wegzudenken. Gerade im Bereich der Neozonenbejagung ist sie ein probates Mittel, wenn man bedenkt, dass die Waschbärstrecke im vergangenen Jagdjahr zu 100 % mit der Falle erzielt worden ist. In diesem Sinne lassen wir Schwarzstorch, Feldlerche und Kiebitz nicht hängen und werden unser Projekt mit Engagement vorantreiben und hoffen wir konnten Ihnen mit diesem kleinen Jahresrückblick ein Stück Praxis aus dem Revier näherbringen.
Viel Erfolg für das kommende Jagdjahr und vergessen Sie nicht: Vor schöner wohnen kommt nicht gefressen werden.
RJM Hans-Kristian Sierk