Aktuelles
07.07.2021

Die kleine Geschichte vom sensiblen Jägersmann – leider nicht frei erfunden!

Da hört man von Jägers­leuten zuweilen Geschichten – da klappen sich einem nicht nur vor Schreck die Schutz­klappen des Zielfern­rohrs hoch. So geschehen vor vielen Jahren in den lauschigen Wäldern des Sauer­landes: Da spaziert eine fröhliche Kinder­schar mit natur­ver­bun­denen Betreue­rinnen auf einem öffent­lichen Waldweg in einem öffent­lichen Wald und sammelt entlang des Weges begeistert Moos für ein paar Bastel­ar­beiten: „Basteln mit Natur­ma­te­rialien“ – ist uns Jägern ja nur allzu lieb und vertraut: Hochsitz­basteln im Revier, Trophä­en­basteln in der Jagdstube, Wildbret­basteln in der Wildkammer usw.

Dann kommt ein Jägersmann mit SUV des Weges (jener mit dem grünen Abitur und der sensiblen Natur und Nase für alles was da draußen kreucht und fleucht…). Gewiss wird der Jägersmann diese Gelegenheit nicht ungenutzt lassen, den Kindern nun auf einfühlsame Weise etwas von der Natur und vielleicht gar sogar von der Natur der Jagd nahe zu bringen. Und in der Tat: Er lässt diese Gelegenheit nicht ungenutzt… – und weist die Betreue­rinnen und die Kinder an, die mit Moos inzwi­schen gefüllten Tüten an Ort und Stelle wieder auszu­leeren, und den Wald (diesen nun durch Kinder, Betreue­rinnen und entwen­detes Moos geplagten!) möglichst zügig zu verlassen…

Oder doch: Spontan erkannte „Rote Liste Moose“???

Erstaunlich wie der Inhaber des „Grünen Abiturs“ durch die scheinbar blick­dichten Tüten am schwach hindurch­schim­mernden Oliv Ton des Mooses erkannt hat, dass es sich wohl um eine hochge­fährdete Moos Art der landes­spe­zi­fi­schen Roten Liste handelte...???

Oder weshalb sonst sollte der Jägersmann die Entleerung der Tüten von den völlig verstörten kleinen Kindern und den im besten Fall verdutzten Betreue­rinnen verlangt haben? 

Vielleicht waren aber die Kinder und die Betreue­rinnen aber nun auch voller Hochachtung und Bewun­derung für jenen Weidmann, der nicht nur als Heger des Wildes und Umsorger des Waldes auftrat, nein – sondern auch als Fürsprecher und Anwalt der am Wegesrand so unscheinbar und bescheiden lebenden Moose? 

Betreue­rinnen und Kindern schweren Herzens ihre mühselig gesam­melte Beute zu entreißen… – nur um den stumm leidenden Moosen ein stiller Fürsprecher zu sein. Hier zeigt er sich: der Samariter der Humus­decke, der Rächer des Waldbodens, der Heger der moosigen Wildnis, der wahre Natur­lieb­haber: den ihm innewoh­nenden natur­päd­ago­gi­schen Auftrag der weidge­rechten Weiter­bildung zukünf­tiger Genera­tionen erfolg­reich nieder­ringend – nur um dem höheren Wert wehrloser Moose Geltung zu verschaffen...

Die „pädago­gische Empathie“ des Weidmanns

Es ist immer wieder schwer zu fassen wie Jägers­leute sich im Revier aufführen, als würde ihnen die ganze Welt gehören. Dass das beim Motocross Fahrer, der unsen­sibel durchs Revier brettert, schwer fällt, ist durchaus verständlich. Aber bei Kindern die ein wenig Moos sammeln? Natürlich fährt man nicht primär ins Revier, um der Natur­päd­agogik zu frönen: man will seine Ruhe haben und einen lauschigen (möglichst auch beute­reichen!) Abend verbringen – keine Frage. 

Aber wenn sich dann eine solche Gelegenheit bietet mit gutwil­ligen natur­ver­bun­denen Menschen (Kinder plus Betreue­rinnen!) ins Gespräch zu kommen, sollten wir diese Gelegenheit doch beim Schopfe packen und in der Lage sein recht spontan von Jagdabend auf Natur­päd­agogik umzustellen! 

Wir können weiterhin teure Marke­ting­kam­pagnen für die Jagd finan­zieren und den „Lernort Natur“ in vielen Formen fleißig unterstützen.

Aber jeder Jäger sollte sich darüber im Klaren sein, dass er mehr als alles andere da draußen in der Landschaft steter Botschafter sein kann – bei jedem einzelnen Reviergang!

Jägern wie dem „kleinen Jägersmann“ mit einem „derar­tigen Gespür“ für Öffent­lich­keits­arbeit und „empathi­scher Sensi­bi­lität“ für Kinder (…und Moose) verdanken wir jedoch leider auch unsere derzeitige Stellung als wahre Natur­ex­perten mitten in der Gesellschaft! 

Der Loden­rambo, der mit schnei­digen SUVs, grobklot­zigen Hochsitzen, zirkus­haftem Kanonen­gehabe und nicht zuletzt spontaner Moostü­ten­ent­leerung die freie Landschaft belebt – ist das öffent­lich­keits­wirk­samste Fettnäpfchen unserer Jägerinnung – Horrido und Weidmannsheil! 

Burkhard Stöcker

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